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Plastikmüll – Ins Meer und auf den Teller

erstellt am: 20.07.2014 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Umwelt

er Müll löst sich im Laufe der Zeit in winzige Teilchen auf, die in der Nahrungskette landen – und damit etwa auch über Fisch in unseren Tellern: Wir essen letztlich unseren eigenen Müll wieder auf. Plastik-Müll im Meer. Das Thema ist mittlerweile in aller Munde. Auch im eigentlichen Wortsinn: Der Müll löst sich im Laufe der Zeit in winzige Teilchen auf, die in der Nahrungskette landen – und damit etwa auch über Fisch in unseren Tellern: Wir essen letztlich unseren eigenen Müll wieder auf. Weltweit werden jährlich über 200 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Davon landen Schätzungen zufolge zwischen 6,4 und 26 Millionen Tonnen im Meer. Da die meisten Kunststoffe biologisch nicht abbaubar sind, werden sie noch Jahrzehnte bis Jahrhunderte durch die Ozeane treiben. Oberflächennah sammeln sie sich in riesigen Plastikmüllstrudeln an und werden dort kleingerieben. Meerestiere fressen die Abfälle, reiben sie ebenfalls klein und scheiden sie aus – oder sterben daran.


Von Strömung verdichteter Plastikmüll vor Hawaii
Foto: NOAA Marine Debris Program

Die eigentliche Ursache für die Plastikverschmutzung der Meere beginnt im Hinterland. Die Mengen, die über Europas Flüsse wie Rhein, Po oder Donau in die jeweiligen Meere gelangen sind erschreckend. Schätzungsweise 80% des Plastikmülls gelangt über Flüsse vom Land in die See. So trägt die Donau täglich rund 4,2 Tonnen Kunststoff ins Schwarze Meer. Wissenschaftler haben in dem Fluss zwischen Wien und dem slowakischen Bratislava je Kubikmeter Wasser mehr Plastikteile als Fischlarven gefunden, berichteten sie im Fachmagazin „Environmental Pollution“.


Foto: Uni Wien
Industrielle Plastikpellets links und anderer Müll rechts

In der Masse handelte es sich um winzige Plastikpellets für die industrielle Produktion. Weil Fischlarven sie mit Nahrung verwechseln und fressen, gelangt Plastik bereits über Süßwasserfisch auf unsere Teller. Gesund ist das nicht. Plastik enthält nicht nur Schadstoffe wie Weichmacher oder Flammschutzmittel. Die winzigen Teilchen saugen auch aus dem Meer zusätzliche Umweltgifte auf. Eine dieser gefährlichen Stoffgruppen sind langlebige organische Schadstoffe (englisch: persistent organic pollutants oder POPs genannt). POPs werden durch chemische Prozesse hergestellt und sind sehr schlecht abbaubar. Da sie kaum wasser-, aber gut fettlöslich sind, lagern sie sich im Fettgewebe von Lebewesen ab. Ihre Konzentration nimmt mit jeder aufsteigenden Stufe in der Nahrungskette exponentiell zu. Einige dieser Stoffe stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Zudem können sie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, Verhaltensstörungen hervorrufen und zu Immundefekten führen. Diese Stoffe haben zudem einen sogenannten sub-lethalen Effekt: Er beeinträchtigt den Gesundheitszustand und die Überlebensfähigkeit ganzer Tierpopulationen. Die Wege des Plastikmülls im Mittelmeer sind mittlerweile auch Forschungsgegenstand französischer Wissenschaftler. Dort bewegen sich Hochrechnungen zufolge rund 290 Milliarden Mikro-Abfallteile – und es werden immer mehr. Besonders dramatisch ist die Lage an den südlichen Küsten. Im Golf von Bejaia vor Algerien haben die Fischer mittlerweile je zur Hälfte Fische und Müll in ihren Netzen. Wird nicht gegengesteuert, sei das Mittelmeer in 30-40 Jahren tot, warnen die die Forscher. In der Nord- und Ostsee ist es noch nicht ganz so schlimm. Dort finden sich neben dem üblichen Plastikmüll vor allem Abfälle aus der Schifffahrt bis hin zu Seilen, Farbeimern und Öldosen, wie das folgende Bild zeigt.


©Lex Snoeijs
Wenn alte Ölfilter oder Chemikalienkanister wie auf der Bildmitte zu sehen, den Fang verunreinigen, muss er komplett über Bord geworfen werden.

Der Naturschutzbund NABU hat nun 70 Fischer mit Industriesäcken ausgestattet, die Müll aus den Netzen sammeln und in den Häfen in Container des NABU kostenlos entsorgen können, damit dann an Land Herkunft und Zusammensetzung des Mülls analysiert werden kann. Wir alle kennen die Fotos von Seehunden, die von Netzresten um den Hals nahezu erwürgt werden. Ebenso schlimm, wenn nicht noch übler, sind zu Kreisen verschlossene Verpackungsbänder, die sorglos über Bord geworfen werden. Folgende Fotos hat mir die Meeresbiologin Sabine Wintner vom südafrikanischen Natal Shark Board zur Verfügung gestellt. Sie stammen von Haien, die vor der Küste von KwaZulu-Natal in Netzen zum Schutz von Badenden gefangen wurden. Der kleine Hai konnte wegen des roten Zwiebelnetzes über dem Kopf nichts mehr fressen und wurde komplett im Magen eines Tigerhais entdeckt.


© Natal Sharks Board

Die folgenden Bilder zeigen, wie sich die scharfkantigen Verpackungsbänder aus Polypropylene ins Fleisch der Haie schneiden. Die Tiere waren alle abgemagert.


© Natal Sharks Board