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Madagaskar: Emotionen vor Nosy Be

erstellt am: 17.12.2017 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Madagaskar, Reiseziele

Francis war als erster am Fisch, das Gaff rutschte ab, doch Francis bekam den Bullen am Kiemendeckel zu fassen. Beim rückwärts Stolpern löste sich das 12/0er Hakenduo und ein Haken davon fuhr Francis von unten, hinter dem Gelenk des großen Zehs komplett durch den Fuß.
Von Steffen Giebel
 Es ist für mich wieder vertraut und doch aufregend zugleich: angeln vor Madagaskars Trauminsel Nosy Be. – Um 7 Uhr morgens war ich an Bord des Katamarans „Nosy Bleu“ (Das große Blau). Die gleißende Sonne stand schon um kurz vor 6 Uhr auf, also gleich eincremen.
Ein paar Tage vorher hatten wir Vollmond und viel Regen. Deshalb war heute hauptsächlich Schleppfischen auf dem Programm. Grundfischen und Speedjiggen funktioniert am Besten, wenn der Tidenhub hoch ist und die Strömungen an den Abbrüchen und Riffen Nahrung, kleine Fische und die großen Räuber anlocken. Doch die Bonitos, die man für das Grundfischen braucht, verziehen sich nach Regen weiter nach unten.

Gegen 8.30 Uhr kam der erste Wahoo mit 1,20 m an Bord. Was für ein Kämpfer! Als er das Boot erspähte, schaltete er nochmals einen Gang runter und ging mit kreischendem Geräusch in die Rollenbremse. Das ist dann schon mal nach der Landung einen Whisky-Cola wert.
 
Vor uns tauchten nun plötzlich viele kleine Fische an der Oberfläche auf, ja fast schon ein Futterball. Francis hastete zu einer Popperrute und warf die Stelle an, bekam aber leider keinen Biss. Derweil spritzten GT´s spritzten nur so in den Fischschwarm hinein, allein das Zuschauen verursachte bei mir zitternde Hände. In aller Eile rüstete ich meine Popperrute mit einem getunten Onduspoon von Sebile aus. Ich warf den Schwarm an, senkte die Rutenspitze auf die Wasseroberfläche und fing unter ruckenden Rutenbewegungen, schnell an zu kurbeln. Der Subsurface-Köder war keine 10 Meter unterwegs und es erfolgte ein hammerharter Biss, für die die GT´s bekannt sind. Die Rollenbremse hing mir lauthals in den Ohren, bis ich den kämpferischen Fisch bremsen konnte. Knappe 10 Kilo brachte er auf die Waage, aber mit der leichten 120 Gramm Rute war der Drill Spannung pur!
Wir schleppten unsere Köder weiter und noch ein Wahoo mit 1,06m stieg ein. Als wir wieder Fahrt zum Schleppen aufnahmen, sahen wir uns umgeben von mindestens 150 Delfinen. In diesem Moment schnappte sich ein Sailfish den leichten geschleppten Köder auf der Jiggingrute und riss mit einem Affenzahn Schnur von der 8000er Stationärrolle. Mitten in diesem Spektakel des Drills tauchte keine 20 Meter vom Boot eine Meeresschildkröte auf. Ihr Panzer maß um 1,50 Meter oder mehr und der große massive Kopf erhob sich über die Meeresoberfläche und schaute uns fragend an: „Wer drillt denn hier?“ Was für ein Gefühl, umgeben von einem großen Schwarm Delfinen und die „Tortue de mer“ und einen Sail im Drill, kann es etwas Schöneres geben. Ich bekam eine Gänsehaut (schwäbisch Hennenkombie)!!!
Jetzt musste ich mich aber auf meinen Gegner konzentrieren. Ein Sailfish kann bis zu 114 km/h schnell schwimmen. Ich hatte jetzt nur noch wenige Wicklungen Schnur auf dem Spulenkern. Ganz vorsichtig konnte ich den Fisch abbremsen, umdrehen und mit zartem pumpen wieder Schnur auf die Rolle holen. Nach ca. 15 Minuten hatte ich den 2,45 Meter großen Sail am Boot. Das kann man einfach nicht lernen…!!! Beim weiteren Schleppen fingen wir noch einen Wahoo mit 1,10m und einen kleinen Baracuda mit ca. 90cm.
 
Plötzlich schoss die Schnur von der 80lbs-Marlinrute. Allen klopfte das Herz bis zum Hals. Großer Schleppköder Konahead mit 2 x 12/0 geschmiedete Haken an der 80er war auf Großfisch ausgelegt. Wie rasant der Schnur nahm? Muss was Besseres sein…
Ich nahm die Rute in meinen Gimbal ohne Gurt und Weste und fing zu drillen an. Der Fisch wehrte sich mit große Vehemenz und Geschwindigkeit. Der Tanz ging von der rechten Seite des Katamarans auf die linke Seite und zurück. Er nahm, als er in die Nähe des Bootes kam nochmals richtig Schnur von der 80er… es war unglaublich.
Dann kam er ans Boot… ein Mahi-Mahi Bulle! Eine männliche Goldmakrele.
 
Francis war als erster am Fisch, das Gaff rutschte ab, doch Francis bekam den Bullen am Kiemendeckel zu fassen. Beim rückwärts Stolpern löste sich das 12/0er Hakenduo und ein Haken davon fuhr Francis von unten, hinter dem Gelenk des großen Zehs komplett durch den Fuß. Er biss die Zähne zusammen, schleuderte den 1,35 m langen Fisch an Deck, wo er von Saedi versorgt wurde. Zum Glück hatte sich der Köder schon von dem Fisch gelöst, denn sonst wäre Francis mit dem Haken im Fuß den wilden Sprüngen des wütenden Bullen ausgesetzt gewesen. Und der tobte noch ganz ordentlich auf den Planken.
Gernot holte sofort Verbandszeug, wir zwickten den Haken mit einem Bolzenschneider ab, schoben ihn rückwärts heraus, desinfizierten die Wunde und verbanden sie. Ich verpasste Francis noch 2 Schmerztabletten und 10 Minuten später stand er schon wieder lachend vor mir und gratulierte mir zu dem tollen Fisch. Auf die Frage, ob er große Schmerzen habe, antwortete er „Das ist meine Arbeit…“ Ein echt harter Kerl.
 
Nachdem wir den Köder mit dem geknipsten Haken ausgetauscht hatten, biss noch ein großer Kämpfer auf diese Rute. Ein Wahoo mit 1,31 m der mit 85 km/h auch nicht der Langsamste im Meer ist. Doch dieser musste zusätzlich noch Feuer im Blut haben. Jedes Mal, wenn ich den Fisch am Boot hatte, kam eine so vehemente Flucht. Das ging 3-4 Mal so. Meine Bremse war zum Glück schon darauf eingestellt, denn diese Tricks der Fische kennen wir ja alle… Oder?
Auf dem Weg zurück, gingen uns noch 2 kleine Gelbflossenthune an den Haken.
Auf der Heimfahrt setze ich mich gerne vorne an die Kabine des Katamarans und lasse meinen Gedanken im Fahrtwind und beschienen von der tief stehenden Sonne freien Lauf. Der Angeltag zieht nochmals an mir vorbei. Kleine Wasserspritzer treffen mich, das Haar ist teils steif vom Salz. – Da spüre ich das Leben pur.
 
Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken geweckt: Ein Schwarm fliegender Fische flüchten vor dem Bug des Bootes und gleiten 20-30 Meter weit durch die Luft, um dann wieder im Indischen Ozean unterzutauchen. Sehnsüchtig schaue ich ihnen nach. Die Inselbereiche Sakatia, Andilana und Ampasikeli ziihen an mir vorbei. Bald sind wir daheim und dieser schöne Angeltag ist zu Ende. –  Natürlich wird heute Abend noch lecker Mahi-Mahi gegrillt.  
Ausfahrten auf der „Nosy Bleu“ sind vergleichsweise günstig. Fragen zum Angeln vor Nosy Be beantworte ich gerne. Kontakt: silberkarausche1@yahoo.de
 
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Steffen