Marline kommen ins Schwitzen – und wandern aus

Die menschengemachte Klimakrise erhitzt die Weltmeere so rasant, dass viele Fischarten bedroht sind. Selbst den Blauen Marlinen wird es in ihren angestammten tropischen Lebensräumen zu heiß, sie kommen ins Schwitzen und wandern aus, polwärts, in kühlere Gewässer. Dass hat Folgen auch für unsere Destinationen. Es wird Verlierer geben, neue kommen hinzu.

Dieser Marlin verendete vor Kenia nach 15 Minuten im Drill. Er war einer von mehreren, das Wasser war im März 2024 ungewöhnlich heiß.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, zu der wie Angler die Datenbasis mit dem Besendern (Popup Satellite Tag) der Marline die Basis gelegt haben. Nun hat mein Angler-Freund Ricky Benitez im Juli 2024 den ersten Mittelmeer-Speerfisch in spanischen Gewässern mit einem solch einem Tag besendert und wieder in die Freiheit entlassen. Warum das im Mittelmeer so bedeutsam ist, dazu später mehr.

Pop-up-Satellitensender. Diese Minicomputer haften an den Fischen (je nach Modell) zwischen 120 und 240 Tagen. Danach senden sie Daten zu den Wanderwegen und der Wassertemperatur per Satellit an Wissenschaftler.

Unwissende Tierschützer bezeichnen diese Aktionenunser als „Feigenblatt für unseren Blutsport“. Meeresbiologen sehen das anders. Für sie sind wir unverzichtbare Helfer, und sie bezeichnen das von der IGFA geförderte Markieren von Fischen deshalb sogar als „Citizen-Science-Programm“! Wie sehr wir ‚Amateurwissenschaftler‘ zur Erforschung der Blauen Marline und ihres Verlustes angestammter Lebensräume wegen der Klimaerwärmung beigetragen haben, belegt die Studie „Global habitat loss of a highly migratory predator, the blue marlin (Makaira nigricans)“.

Das ernüchternde Ergebnis. Den Marlinen wird es weltweit zu heiß, sie ziehen um in kühlere Gewässer.

Die von uns besenderten Marline waren vom Aussetzen bis zum Lösen der Sender insgesamt rund 14.928 Tage unterwegs und legten dabei 210.983 km zurück. Auf Grundlage dieses großen Datensatzes „bürgerbasierter Wissenschaft“ (Zitat) kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass der eigentliche Lebensraum der Blauen Marline, die äquatorialen Gewässer in allen drei Ozeanen, immer lebensfeindlicher wird. Schuld daran ist die globale Erwärmung, die alle Ozeane immer mehr aufheizt. Insgesamt, so heißt es in der Studie „nahm die Eignung der Kernlebensräume (der Marline) ab, während die Eignung der Randzonen gleichzeitig polwärts zunahm“.

Wer zu den Gewinnern und Verlieren unserer Destination zum Marlin-Angeln künftig zählen wird, zeigt folgende Grafik. In ihr sind neue Lebensräume rot dargestellt und Habitat-Verluste blau. Die durchgezogenen schwarzen Linien umgrenzen ihren Kernlebensraum:

Lebensräume werden vor allem dort verloren gehen, wo die Wassertemperatur bereits hoch ist, also etwa in der Karibik, an der Nordostküste Australiens vor Cairns und weiten Teilen des Indischen Ozeans. Vor Kenya war er im März 2024 (El Niño-Jahr) so heiß, dass mehrere Blaue Marline im Drill verendeten.

Neue, geeignetere Lebensräume für die Marline kommen in den nun noch kühlen Gewässern hinzu, etwa Kalifornien und der mexikanischen Halbinsel Bahia California im Ostpazifik. Aber auch vor Peru, einem einstigen Hot Spot für Marlin-Angler werden diese Schwertträger wieder häufiger werden. Im Nordatlantik wird die Küste vor Marokko zu den Gewinnern zählen und neben den Weißen auch mehr Blaue Marline auf Jagd gehen werden.

Die von den Wissenschaftlern für die Prognosen ausgewertete Daten stammen von Markierungsprogrammen aus den Jahren 2000-2017. Das ist besorgniserregend, denn die Weltmeere heizen sich seitdem rasant auf und sind so warm wie nie seit Beginn der globalen Erfassung. Schlimmer noch. Bislang galt 2023 als das Jahr der Rekordtemperaturen in den Ozeanen. Nun scheint es, dass diese Werte erneut übertroffen werden, wie folgende Grafik zeigt.

Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass sich bald immer mehr Wanderfischarten auf den Weg in neue Lebensräume machen. Womöglich in Regionen, wo die industrielle Langleinenfischerei noch unreguliert ist und sie bereits überfischen Bestände weiter dezimieren.

Nun hat Ricky Benitez an Bord der „Mad Max“ vor Alcudia/Mallorca den ersten Mittelmeer-Speerfisch in spanischen Gewässern mit einem Pop-up Satelliten Tag markiert. Er wird sich nach etwa 120 Tagen lösen, wird er mit dessen Wanderwegen der Wissenschaft eine weiteres Mosaiksteinchen liefern zum besseren Verständnis und Schutz dieser noch weitgehend unerforschten Art. Hoffentlich findet Ricky noch viele Mitstreiter, denn die Zeit drängt. Nach Angaben des WWF erwärmt sich das Mittelmeer so schnell wie kein anderes Meer. Dort ist die Wassertemperatur laut WWF um 20 Prozent schneller als im Durchschnitt aller Weltmeere gestiegen.

Quellen:

Global habitat loss of a highly migratory predator, the blue marlin (Makaira nigricans):

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddi.13606

IGFA:

https://igfa.org/the-great-marlin-race/

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