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Minister Schmidt bricht sein Wort zur Dorsch-Schonzeit

erstellt am: 20.02.2017 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Ostsee, Reiseziele

Im vergangenen Oktober haben die EU-Fischereiminister die Fangmenge für Dorsch in der Ostsee wegen eines drohenden Zusammenbruchs der Bestände cum 56 Prozent gesenkt. Nun hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) die Fischerei ausgerechnet auf Laichdorsch wieder erlaubt.
Von Jürgen Oeder
Im vergangenen Oktober haben die EU-Fischereiminister die Fangmenge für Dorsch für 2017 in der westlichen Ostsee um 56 Prozent gesenkt. Die Bestände sind dort wegen chronischer Überfischung so stark zurückgegangen, dass sogar die Hobbyangler Fanghöchstmengen auferlegt bekamen und auch akzeptierten. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sprach damals von einer „schmerzhaften, aber angesichts der Bestandssituation erforderlichen Quotenreduzierung“.
Diese Schmerzen im Geldbeutel der Fischereiindustrie waren aber offenbar so groß, dass Schmidt nun die Fischerei ausgerechnet auf Laichdorsch mit einem fiesen Trick durch die Hintertür wieder erlaubte, wie nun der WWF herausfand.
 
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Eine am 7. Februar 2017 im Bundesanzeiger veröffentlichte „Bekanntmachung“ (BAnz AT 07.02.2017 B8) der Bundeanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ermöglicht es Schollenfischern seitdem auch Dorsch  zu entnehmen. Sie ziehen ihre Grundschleppnetze durch tiefe Becken,  wo sich nun aber die Dorsche zum Laichen versammeln. Bis zu 10 % des Beifangs an Dorsch dürfen die Schollenfischer legal verwerten. Weil davon auszugehen ist, dass sie weit mehr Dorsch fangen, dürfte ein Großteil der so wichtigen Fische als unerwünschter und weitgehend toter Beifang (illegal) wieder über Bord gehen.

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Rund 600 Tonnen Schollenquote stehen deutschen Fischern zu, und damit 60 Tonnen an Dorsch prall mit Laich. Doch Schmidts „skandalöses Vorwahlkampfgeschenk“, so WWF-Fischereiexpertin Stella Nemecky, ist nur der Startschuss für ein viel größeres Schlachten, dessen Verlierer zuerst der Dorsch ist, und dann die küstennahen kleinen Berufsfischer und schließlich auch wir Hobbyangler sein werden.

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Der Grund: Dänemark hatte die Schollenfischerei während der Dorsch-Schonzeit von Anfang Februar bis Ende März in Tiefen jenseits 20 Meter wie zuvor vereinbart ebenfalls eingestellt. Nachdem deutsche Schollen-Trawler ihre Grundschleppnetze seit der Bekanntmachung wieder munter durch die Laichgründe zogen, protestierten dänische Fischer heftig und dürfen nun auch. Deren Schollen-Fangquote liegt jedoch mit 5632 Tonnen fast um das Zehnfache höher als die deutsche und der zulässige Dorschbeifang damit bei 563 Tonnen!
Allein deutsche und dänische Fischer dürfen nun über 720 Tonnen Laichfische legal aus der westlichen Ostsee ziehen. Die Empfehlung der EU-Wissenschaftler für eine vertretbare Fangmenge liegt aber nur bei insgesamt 917 Tonnen Dorsch für das ganze Jahr!

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Schmidt hatte die Fangbeschränkungen jenseit der 20-Meter-Tiefenlinie im Oktober 2016 auch damit begründet, dass die Bestände vor allem zum Nutzen der kleinen, in ihrer Existenz  bedrohten Küstenfischer geschützt werden müssten. Nun sind sie durch Schmidts Freischein für die Schollenfischer noch mehr bedroht: Küstenfischer sind überhaupt nicht mit Grundschleppnetzen in der tiefen Ostsee unterwegs, sondern nutzen vor allem andere Fangmethoden in flacheren Gewässern.

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Schmidts klammheimlich geöffnetes Schlupfloch wird somit den Bestand der Ostseedorsche weiter massiv zerstören. Sollte er ihn nicht schnell zurücknehmen, wissen wir (und alle die Küstenfischer und Hotels, die von Hobbyanglern leben), wem wir das zu verdanken haben – und welche Partei wir im Herbst bei der Bundestagswahl unbedingt nicht wählen sollten.
Ich habe nun den Minister gebeten, das Schlupfloch schnellstens zu schließen und das folgende Schreiben an ihn gerichtet. Wer mag, kann es so oder geändert in die Maske seines Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft kopieren:
https://www.bmel.de/DE/Servicemenue/Kontakt/kontakt_node.html
 
Sehr geehrter Herr Minister Schmidt,
Sie haben die Fischerei in der westlichen Ostsee auf den bedrohten Dorsch nun in der Laichzeit durch die Hintertür doch wieder ermöglicht: Schollenfischer dürfen trotz gegenteiliger Vereinbarungen jetzt mit Schleppnetzen in den tiefen Regionen fischen und dabei bis zu 10 Prozent Dorsch als Beifang anlanden. Da die dänischen Fischer diesem Vorbild aus Konkurrenzgründen folgen, könnten bis Ende März über 700 Tonnen Dorsche in den Netzen der Schollenfischer legal verenden, anstatt zu laichen und damit den Bestand zu sichern.
Warum haben Sie das ermöglicht? 
Ich bin Hobby-Angler und empfinde ihr Schlupfloch für die küstenferne Berufsfischerei als schweren Wortbruch: Die Fangmengenbegrenzungen für uns Hobby-Angler habe ich damals mitgetragen und verteidigt. Sie sprachen im Oktober 2016 von einer  „schmerzhaften, aber angesichts der Bestandssituation erforderlichen Quotenreduzierung“.  – Und was sagen Sie nun?
Der WWF nennt ihr Vorgehen ein „skandalöses Vorwahlgeschenk“. Bitte belehren Sie mich eines Besseren und schließen das Schlupfloch zeitnah. Ansonsten müsste ich meinem gesamten sozialen Umfeld kundtun, warum sie alle im September die CDU/CSU auf keinen Fall mehr wählen können.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Oeder