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Bluefins taggen – wir können wieder helfen

erstellt am: 15.12.2014 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Umwelt

Es ist wie im Märchen mit Rennen von Hase und Igel: Die Blauflossenthune sind der Wissenschaft noch immer einen Flossenschlag voraus, denn jüngste DNA- und Hormon-Analysen scheinen nun die sicher geglaubte Annahmen in Frage zu stellen Es ist wie im Märchen mit Rennen von Hase und Igel: Die Blauflossenthune sind der Wissenschaft noch immer einen Flossenschlag voraus, denn jüngste DNA- und Hormon-Analysen scheinen nun die sicher geglaubte Annahmen in Frage zu stellen: Bislang hieß es ja, die Thune des westlichen und östlichen Bestands ziehen gemeinsam durch die Jagdgründe im Nordatlantik. Zum Laichen trennen sie sich dann: Die „Amerikaner“ laichen im Golf von Mexiko vor Texas und würden erst im Alter von neun Jahren geschlechtsreif, während die „Europäer“ mit drei bis fünf Jahren geschlechtsreif sind und dann im Mittelmeer laichten. Für beide Gruppen gilt: Zum Laichakt sammeln sich jeweils gleichgroße Fische.

NOAA

Wie auf oberem Bild zu sehen, gingen die Biologen deshalb davon aus, dass die Großen des westlichen Bestands zwischen dem Golf von Mexiko und etwa Kanada jeweils zum Laichen und Fressen hin und herziehen. Doch diese klare Welt haben nun neue Studien durcheinandergebracht. Die Biologin Molly Lutcavage fand mit Hormon-Studien an 110 Thunen heraus, dass die westlichen Bluefins ebenso im Alter von drei bis fünf Jahren vermehrungsfähig werden, wie ihre europäischen Geschwister. Und nun kratzen sich die Meeresbiologen alle am Kopf und fragen sich: WO und WANN laichen diese Fische? Immerhin geht es ja um einen Zeitraum von vier bis Jahren! Im Golf von Mexiko tun sie es jedenfalls nicht. Dort sind nur Kracher mit mehreren hundert Pfund zugange. Wo also ziehen die kleineren hin? – Keiner weiß es.

Das Bild oben zeigt den Wanderweg eines Bluefins, der mit einem Gewicht von nur etwa 36 kg vor Cape Cod/USA getaggt worden war. Fünf Jahre später wurde er vor den Balearen gefangen und wog fast 250 kg. War es ein Fisch, der sich als Jugendlicher zuvor auf eine 6500 km weite Reise aus dem Mittelmeer bis vor die USA gemacht hatte und als Erwachsener zum Laichen zurück vor die Balearen zog? Im westlichen Mittelmeer, liegt um die Balearen einer der bekannten Laichgründe für große Thune, die aus dem Atlantik dort hinziehen, wie die folgende Karte zur Verteilung von Bluefinlarven zeigt.

Einer Studie mit Satelliten-Tags zufolge bleiben aus dem Atlantik eingewanderte Bluefins mit unter 100 kg nach dem Laichen zunächst noch im Mittelmeer, um sich wieder Gewicht anzufressen. Thune in der Klasse mit 150-230 kg ziehen nach dem Laichakt aber teils zu den Kapverden(!) oder nach Norden in Richtung Island und Norwegen. Die bislang gängige These, dass die West-Laicher das Mittelmeer irgendwann alle verlassen, wird nun ebenfalls in Frage gestellt: DNA-Studien zufolge kommt um die Balearen offenbar eine genetisch unterschiedliche Subpopulation vorkommt, die immer im Mittelmeer bleibt. – Skipper Toni, fängt vor Alcudia/Mallorca ganzjährig Thune und ist überzeugt, dass es sich dabei um diese Population handelt: Im späten Frühjahr sind es Fische in der Klasse von 150-180 kg, später wiegen sie dann meist 50-80 kg. Woher sie kommen, wohin sie ziehen und wo sie dann laichen, ist wiederum eine Frage, die mit Markierungsstudien beantwortet werden könnte.

Fraglich ist auch, wo Bluefins laichen, die in der Adria gefangen werden. Ein dort markierter Fisch zog (wie ich schon früher berichtete), bis vor die libysche Küste und wurde dort mit einer Länge von 150 cm und einem Gewicht von 55 kg gefangen:

Der Fisch war also geschlechtsreif. In der Großen Syrte vor Libyen wird auch ein Laichgebiet vermutet, bestätigt ist das aber noch nicht. Unklar ist ebenso, warum vor Jezera/Kroatien von Jahr zu Jahr immer mehr Thune gefangen werden, ihr Durchschnittsgewicht aber zumeist bei um die 50 kg verharrt. Woher kommen sie und wo ziehen sie hin, wenn sie größer werden? Wir können nun helfen, diesen Fragen auf den Grund zu gehen und Thune im Dienste der Wissenschaft zu fangen. Ich habe von der US-Fischereibehörde NOAA rund 80 Tags bekommen. Ein Großteil davon wird Jörg-Dieter Haselhorst an Skipper vor Jezera verteilen – und für sie auch Tag-Poles anfertigen. „In dickere Besenstile für Männerhände aus dem Baumarkt an einem Ende ein passendes Loch gebohrt und die Nadel mit Zwei-Komponenten-Epoxykleber einkleben und fertig“, sagt er.

Weitere Tags werde ich an Skipper vor dem Ebro schicken, weil dort ja immer wieder „Granaten“ mit über200 kg gefangen werden. Fische also, die sich auf die Reise über den Atlantik machen könnten. Die Biologen der NOAA möchten zudem, dass wir auch sogenannte Fin Clips zu sammeln. Dazu wird von irgendeiner Flosse ein fingernagelgroßes Stück abgezwickt und in einen Zip-Beutel gesteckt, den man dann vorerst in die Tiefkühltruhe packt. (Wie wir die dann in die USA bringen, werde ich noch klären.) Thune müssen dazu NICHT sterben, und auch nicht markiert werden…. Mit den Flossenstückchen können die Wissenschaftler dann per DNA-Analyse feststellen, wie nah die einzelnen Bestände im Mittelmeer miteinander verwandt sind. – Auch für uns könnte das Ergebnis der Forschungen von Bedeutung sein: Sollte sich raustellen, dass einzelnen Bestände sich nicht mit anderen mischen, müsste deren Entnahme durch Berufsfischer eigens berechnet und dann womöglich gesenkt werden…. An dem Programm kann sich übrigens auch jeder Urlaubs-Kapitän beteiligen. Tags könne per Mail geordert werden: tagging@noaa.gov Wie es funktioniert, habe ich in meinem Artikel: „Richtig taggen – so geht’s“, bereits erklärt. www.ultimatefishingnews.com