Madagaskar im Mai

Von Steffen Giebel

Dieses Jahr habe ich einen Angelausflug der besonderen Art auf Madagaskar geplant. Ich wollte 3 Tage und 2 Nächte nach Mitsio, eine kleine Insel, nördlich von Nosy Be zwischen den Inseln „Die vier Brüder“ (les quatre frères) und Carea gelegen.
Start war wie gewöhnlich um 7 Uhr am Strand von Madicoreli. Hier gab es die erste Überraschung: Loic Lehur, der Patron von „Nosybleu fishing“ hat sich noch einen Katamaran zugelegt, die „Nosy Lieu“ . Dieser bietet mehr Platz an Bord und hat 2 leistungsstarke Motoren mit je 90 PS.
Meine Jungs waren auch wieder dabei. Jannot, Fracise und Isidor, der Frischling. Er ist aber sehr fleißig und Pflichtbewusst. Wir gedenken per Schweigeminute an den verstorbenen Mate Sahidi.

Der erste Angeltag gestaltete sich am Anfang etwas schwierig. Wir fanden zwar Schwärme von Bonitos und konnten auch einige „verhaften“. Denn hast du Bonitos in Madagaskar an Bord, fängst du auch andere Fische!
Dennoch mussten wir die Fische richtig suchen. Immer wieder trafen wir auf Hotspots und konnten mit der Grundangel oder beim Speedjiggen ein paar Fische überlisten. Am Ende des Tages hatten wir knapp 30 Fische gefangen. Zusätzlich erfreuten uns 2 riesige Wale und 2 wunderschöne Meeresschildkröten, die uns neugierig beobachteten. Nennenswert waren an diesem Tag 2 große Baracudas. Und ein Fisch erfreute mich ganz besonders, weil ich ihn noch nie gefangen hatte, nämlich ein Cobia (Offiziersbarsch) mit ca. 85cm. Dieser pelagisch jagende Fisch verhedderte die Leinen von 4 Ruten mit wilden Sprüngen, dass das Meereswasser nur so aufschäumte. Eine solch brachiale Vehemenz, die nicht zügelbar zu sein scheint, muss man sich dann erst mal vorstellen, wenn man einen Cobia mit 70kg an die Rute bekommt. So schwer könne sie werden.

Abends genossen wir dann seine außergewöhnlich leckeren Filets, die Francis perfekt zubereitete. Sein Fuß ist übrigens vom Haken im Vorjahr wieder gut verheilt. Damals drang ihm bei der Landung eines großen Mahi-Mahi-Bullen mit 1,45m der 12/0er Marlinhaken komplett durch seinen Fuß. Es wurde schon dunkel, als wir an der Insel Mitsio ankamen. Dort erwartete mich die nächste Überraschung.

Für die Übernachtung standen uns runde Hütten aus Bananenblättern und -stauden zur Verfügung. Sie erinnerten mich an die Jurten von Pfadfindern. Wenn die Bananenstauden feucht oder nass werden, gehen sie auseinander und werden praktisch wasserdicht. Wenn es warm und trocken ist ziehen sie sich zusammen und lassen die Luft zirkulieren. Im Inneren der Hütte befand sich ein gemauerter Sockel in der Größe eines Doppelbettes. Darauf kommt eine frisch bezogene Schaumstoffmatratze und darüber wird ein großes viereckiges Moskitonetz gespannt. Die Enden werden unter die Matratze gestopft. So hat man seinen insektensicheren Schlafplatz.

Toiletten gab es auch. Mit Muscheln, Steinen und Korallen wurden kreisrunde, ca. 1,80m hohe Zylinder hoch gemauert. Hinter der Holztüre befindet sich tatsächlich eine Porzelanschüssel. Gespült wird mit Meereswasser aus einem Eimer.

Die Dusche hat im Gegensatz zur Toilette keine Türe. Man geht, wie in einem Labyrinth hinein. Im Inneren des steinernen Zylinders steht man dann auf steinigem Boden mit seinem 10Liter Eimer Süßwasser. Mit einem 1 Liter Henkelbecher wird jetzt geduscht. Es klingt unwahrscheinlich, aber 10 Liter Wasser reichen absolut zum Duschen aus. Die Wassertemperatur des Duschwassers ist immer die der Außentemperatur.
Am nächsten Morgen um 7 Uhr ging es nach einem ausgiebigen Frühstück aus Spiegeleiern, Brot, Marmelade, Kaffee, Avocados und Bananen wieder raus auf´s Meer. Leider war der Indische Ozean sehr aufgewühlt. Bei dem rauhen Wasser und den um die Ohren pfeiffenden Wind, war es unmöglich Bonitos auszumachen. Auch das Schleppen mit Konaheads, Islandern und Wobblern auf Marlin, Segelfisch oder andere Oberflächenjäger konnten wir vergessen.

Also blieb nur Speedjiggen, denn zum Grundfischen waren ja noch keine Bonitos an Bord. Der starke Wellengang machte es uns allerdings schwer an der Reeling stehen zu bleiben und konzentriert zu jiggen. Dennoch konnten wir an diesem Tag 15 Fische fangen. Darunter waren 3 Grouper bis 15 Kilo, 9 Stachelmakrelen verschiedenster Ausführung, wie Carangue Ignobilis, Carangue Seriole und Carangue blanc bis 10 Kilo. Und ein Vivenau aboss mit leuchtend orangenen Farben.

Der Tag war anstrengend, dafür freute ich mich um so mehr auf die Kochkünste von Fracise, der sich mal wieder selbst übertraf. Kaum an Land, fing er schon mit den Vorbereitungen zum kochen an. Wo nimmt der Kerl nur die Energie her? Ich werde mal morgen schauen, was er frühstückt…Auf dem Weg zu meiner gemauerten Runddusche schreckte mich ein riesiger fliegender Schatten auf. Größer als ein Bussard. Er landete in einem Baum, nicht weit von mir. Aber was ist das? Das Tier ist nicht auf einem Ast gelandet, nein es hing dort kopfüber… ein Flughund. Das ist die größte Fledermausart auf unserem Planeten, sie können eine Flügelspannweite von 1,70m und knapp 2 kg Gewicht bekommen. Ich versuchte mich mit meinem Foto anzuschleichen, doch bevor ich ihn beim Obst fressen in die Linse bekam, bemerkte er mich, spannte seine großen lederähnlichen Flügel auf und folg davon. Und wie auf Kommando gesellten sich plötzlich 4, 5, 6 Batmans am Himmel dazu. Ich konnte sie zwar nicht fotografieren, doch die Bilder und meine Emotionen kann mir keiner nehmen…

Zum Essen gab es erst Mal eine leckere Fischsuppe vom Merou (Grouper). Danach, auf Bananenstöcken gegrillte Stachelmekrele, die auf der Zunge zerging mit Reis. Und zum Nachtisch flambierte Fracis noch frische Ananas in Rhum Mangostan. Einfach zum reinlegen gut.Ich beschloss diesen Abend etwas früher ins Bett zu gehen. Körperpflege war angesagt. Tigerbalsam auf die geschundenen Knie und auf die blauen Flecken von der Reeling.  Ich wollte am nächsten Morgen nochmals in meinem urigen Badezimmer duschen. Was ich nicht bedachte, war, dass das Wasser im Fass tagsüber von der Sonner erwärmt wird. In der Nacht kühlt es natürlich ab, und das mehr als man denkt… Ein europäischer Weicheischrei auf madagassisch erklang schallend über die Bucht „Hazalaheiiiiiiiiii“. Wir fuhren heute erst um 8Uhr los, weil alles wieder auf das Boot verpackt werden musste. Wir verabschiedeten die 5 Madagassen, die dort leben und alles in Schuss halten, ordnungsgemäß. Veloma… das heißt auf Wiedersehen.

Leider war der Seegang genauso rauh wie am Vortag. Und wieder steuerten wir die Plätze zum Speedjiggen an. Mein erster Fisch war ein Thazard (Könisgsmakrele). Dieser Fisch kämpft extrem stark, besonders in der Endphase des Drills, wenn er das Boot zu sehen bekommt. Da gibt diese Kampfmaschine nochmals explosionsartig Gas wie ein Düsenjäger. Wer in diesem Moment seine Bremse zu fest gestellt, oder sie nicht gelockert hat wird von dem Zug so überrascht, dass es schon vorkam, dass Angler kopfüber ins Meer gezogen wurden.
Wir fingen nochmals 2 dieser Fische. Zum Glück hatte ich Assithooks mit Stahlvorfach vorbereitet, den die Zähne der Burschen gehen durch doppelt gespleisstes Kevlar mit 180 Pfd. x 2 = 360 Pfd. wie ein warmes Messer durch Butter. Das Gleiche gilt auch, wenn Wahoo´s und Baracudas´s in der Nähe sind.

Gegen Mittag kamen wir an eine, riesige, teils unterhölte steinerne Insel, namens Ankarea. In und an ihr saßen hunderte Basstölpel. Der Stein war teilweise weiß von ihrem Guano. So ein Basstölpel gibt ein beindruckendes Bild ab, mit einer Flügelspannweite bis zu 1,80m und einem Körpergewicht bis zu 3,5kg. Ich genoss den Schatten Ankarea´s und den Blick auf die wunderschönen Vögel. Das erinnerte mich an Norwegen. So wie der Felsen aus dem Wasser kommt, geht er unter Wasser weiter. Also ein Hotspot für Räuber, vor allem für GT´s…

Wir warfen Popper und Subsurface Köder in Richtung der schroffen Felsenwand. Leider ergab dies nur ein paar zaghafte Anfasser von diesen sonst so vehementen Kämpfern. Gleich neben Ankares ragten 2 Felsen heraus, durch die die Strömung wie in einem Malstrom durch gedrückt wurde. In diesem harten Strom konnte ich dann noch einen GT haken und erfolgreich landen. Auf dem langen Heimweg sahen wir zwar noch einen Segelfisch rauben, doch leider zeigte er kein Interesse an unseren Schleppködern. Unser Angeltag ging mit 9 Fischen zu Ende. 2 Grouper, 3 Königsmakrelen, und 4 Stachelmakrelen, von denn 2 Stück GT´s waren.

Daheim angekommen, sprach ich mit ein paar anderen Angelern von anderen Booten. Keiner hatte annähernd ein so gutes Fangergebnis wie wir. -Tja, nicht jeder Angeltag ist Fangtag, aber besser als jeder Arbeitstag!
Resümee: Große und auch viele Fische wiegen das Naturerlebnis nicht auf… aber sie verschönern es!
Trotzdem haben wir in 3 Angeltagen insgesamt 53 Fische gefangen. Darunter waren knapp 20 verschiedene Arten.

Tight Lines
Euer Steffen

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