Friederike und die Tage danach

Nun, zugegeben, mein Freund Lars Schrader hatte mich gewarnt: „Am Donnerstag (18. Januar) soll ein Sturm aufziehen, womöglich hat die Bahn dann ein Problem. Danach sind Wind und Wetter aber gut“. Es war mein dritter Anlauf,  eine schöne Meerforelle zu fangen. Zwei Termine mit Lars hatte der Wind schon verweht und ich war wild entschlossen: 700 km von Karlsruhe nach Kiel wollte ich mit der Bahn fahren und dann weiter mit einem Mietwagen nach  Schönhagen (unweit von Eckernförde), wo eines der beiden Urlaubshäuser von Lars für mich bereitstand.
Dass aus dem Wintersturm der Orkan „Friederike“ wurde, erfuhr ich dann eine halbe Zugstunde von Kiel entfernt. „Zurück nach Hamburg“ hieß es, wo ich dann 2 Stunden später mit viel Glück einen Mietwagen erwischte, dann zwei Stunden auf der A7 in einem Stau verbrachte, deren Vollsperrung   und Ausleitung in die Pampa wegen eines querstehenden LKW bei Kaltenkirchen erduldete und dort in Dunkelheit und Schnee herumirrte, bis ich ein Ortsschild „Hoffnung“ sah. – Nein, es war keine Halluzination, wie ich später im Internet herausfand. Der Ortsteil von Alveslohe heißt wirklich so.

Ich sah also „Hoffnung“ und tatsächlich wurde dann alles gut: Ich hatte die richtige Peilung und kam abends etwas k.o. aber gleichwohl aufgekratzt und voller Erwartungen in Schönhagen an. -Den Schlachtplan für Freitag hatten wir schnell klar gemacht: „Der erste Tag nach solch einem Sturm ist für die Fische schwierig, sie sortieren sich neu und wir müssen sie suchen“, hatte Lars gesagt und hinzugefügt: „Nach all den Mühen fängst Du bestimmt!“

Und so starteten wir am Freitag auf Lars‘ 7 m Boot, einer Janneau Merry Fisher. In ihrer Kabine verbreitete die Standheizung wohlige Wärme, während draußen die feucht-kalten Nachwehen von Friederike langsam abflauten und neun Schlepplöffel in verschiedenen Tiefen ihre Bahnen zogen. Von Damp aus suchten wir die Küste zunächst in der einen Richtung ab, fingen aber „nur“ einige (überaus willkommene) Dorsche.

Lars mit seiner über 25-jährigen Revierkenntnis wusste die Zeichen zu deuten. „Ich kann mir denken, wo sie stehen“, sagte er, und: „Am Samstag und Sonntag fangen wir. Versprochen“.  Und so kam es dann auch: Am Samstag fanden wir mit dem Echolot große Schwärme  von Sandaalen und hatten auch sofort die ersten Dorsche.

Sie favorisierten die grün-weißen Löffel an unseren 9 ausgelegten Ruten. Wir schleppten vom Boot aus gesehen ein W-förmiges Muster. Die äußeren Schenkel bestanden aus den drei Ruten an den Scheerbrettchen und je einer Downriggerrute. Der mittlere Punkt des „W“ war die Center-Line rund 90 m hinter dem Boot. Alle Köder bekamen Planer-Bleie mit 15-25 gr. vorgeschaltet und liefen von außen flach nach innen tief.

Die neuen Scheerbretter, die Lars im Einsatz hatte sind top: Die „Black Beast“ aus Schweden haben einen leichten geschlossenporigen Schaumkörper und sind sehr viel leichter einzuholen als andere Modelle. Am mittleren auf der Steuerbordseite bekamen wird dann noch am Vormittag einen vehementen Biss.  – Und wenig später kescherte Lars eine 5 kg schwere und 72 cm lange und feiste Meerforelle. – Mein personal best!

Ich weiß nicht was größer war, meine Freude oder Lars‘ Erleichterung, dass die „Mission“ erfüllt war. Jedenfalls titulierte ich ihn dann im Überschwang als mein „Glücksschwein“, schließlich hatte er mich im Frühjahr 2017 vor Rügen auch zu meinem personal best Lachs mit 18 kg geführt. Lars meinte „nein, nein, umgekehrt, du bist MEIN Glücksschwein“, weil ich die Fangstatistiken seines Bootes nach oben treibe. Wir bekräftigten dann gegenseitig unseren Ruf am Sonntag mit weiteren 9 Meerforellen, darunter waren 3 mit 53-60 cm und 2 x 5 entnommenen Dorschen (dem bag limit) von mehr als 20 im Beifang.

Die Fische nahmen alle angebotenen Köder – vom Apex bis zum Wobbler – und waren wie im Fressrausch. An Bord spuckten dann Dorsche und Meerforellen immer mal wieder Sandaale aus, die teils noch lebten.

Wir verlegten dann die Downriggerruten ins Mittelwasser und wechselten auf Apex, aber die Dorsche schossen trotz einer Wassertemperatur von 2,4° C nach oben, um auch diese Köder zu attackieren.  Satt gefischt und glücklich traten wir nachmittags um 3 Uhr bei eigentlich noch bester Beißzeit die Rückfahrt an.

Auf der Rückreise am Montag hatte ich dann mit dank der Fische von Lars, die er mir überließ, schließlich 16 kg Filet im Gepäck. Die zuverlässig-unzuverlässige Deutsche Bahn  „schenkte“ mir dann auch mit erneuten Pannen nochmals vier Stunden zusätzliche Reisezeit (Wäre sie ein Pferd, man müsste es erschießen!).  Zeit genug also zum Resümieren und Lars im Stillen zuzustimmen:  „Wir haben hier so gute Fischgründe, da muss man nicht nach Norwegen“, hatte er gesagt. Und das stimmt: Weite Anreisen kann man sich sparen und angelnd und mit Familie an der Ostsee relaxen. Neben Meerforelle und Dorsch (bestens von Oktober bis Mitte März) fängt Lars auch Seelachs und vermittelt Familienväter, die mit ihren Kindern Schollen in Überpfannengröße fangen wollen im Sommer an den Naturköderspezialisten und Guide Matthias.

Lars ist aber kein professioneller Skipper. Schlepp- und Wrackfischen mit ihm können nur Kunden, die eines seiner beiden Ferienhäuser mieten. Die beiden großen Luxushäuser liegen keine 200 m vom Ostseestrand entfernt, haben bis zu 5 Schlafzimmer und unter anderem einen Wellnessbereich mit Sauna und Fitnessgeräten, Dampfdusche, Whirlpool, Solarium, Kaminofen, W-Lan und, und …

Und nun nochmals zu den Dorschen: Lars hatte sie unter Berufung auf  mir nicht bekannte Quellen als die „geschmacklich besten weltweit“ bezeichnet. Sie seien so gut, weil sie sich dort vor allem von Krabben ernährten. – Nun, nach einem Test am Dienstag mit Cebiche (roher Fisch in Limettensaft mit Koriander und Chili) gab ich Lars auch in diesem Punkt recht. Der Geschmack war einfach unglaublich!  Das Rezept dazu werde ich hier nachreichen.

Und noch eine gute Nachricht. Der Dorschbestand in der westlichen Ostsee erholt sich enorm!  Im vergangen Jahr lag er bei etwa 12.900 Tonnen. Das Minimum für die Bestandserhaltung liegt dem Thünen-Institut zufolge bei 27.400 Tonnen. Nun wird aber der starke Nachwuchsjahrgang 2016 geschlechtsreif und wird von den Biologen auf bis zu 65 000 Tonnen geschätzt!
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hält deshalb eine Erhöhung der Fangquote für uns Angler von 5 Dorschen am Tag (bzw. 3 in der Laichzeit) für möglich. Ende Mai soll laut einem Bericht der „Bild“ entschieden werden, wenn der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) seine Empfehlungen vorgelegt habe.
Kontakt:  www.ferienhaus-ostsee-angeln.de

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