Nachtfischen auf Blauflossenthun – ein Erfahrungsbericht

Eines ist klar: Die Fische fressen nur, wenn der Mond zu sehen ist. Wir haben keine guten Erfahrungen mit bewölkten Nächten und Driften über tiefem Wasser gemacht. Mehrmals konnten wir beobachten, wie Fische direkt am Boot vorbeischwammen und weniger Scheu zeigten als tagsüber. Seit 2013 legen wir uns nun auch nachts auf die „Lauer“ – bei maximal 4 Vollmondphasen pro Jahr – und konnten jedes Mal unsere Quote verbessern.

Von Michael Standor und Kai Witt

Einen Thunfisch nachts fangen? Einige denken da zunächst an Hundezahn- oder  Gelflossenthune in tropischen Gewässern.  – Aber Blauflossenthun?  Selbst eingefleischte Big Gamer schrauben dann eher die Augenbrauen hoch…
Rückblick: Im Oktober 2012 fischten wir vor Ibiza auf Amberjack und konnten mit unseren Gästen den einen oder anderen Fisch fangen. Die „AJs“ klauten uns sogar beim Kalrmar-Fischen morgens die Kopffüßler von den mit einem Hakenkranz besetzten Lures und ließen sich beständig überlisten. Dieser Spaß hatte jedoch ein Ende, als der  Mond immer voller wurde und fast 90% seiner Größe erreicht hatte.
Wir mussten also umsatteln, für unsere Gäste – und auch für uns!
 
Wir konzentrierten uns nun auf die Abend- und Nachtstunden und testeten unsere gewohnten Stellen. Weil sich der Erfolg aber nicht so recht einstellen wollte, fuhren wir Plätze an, die bekannt waren für die Kalmar- und Bait-Fischerei. An einer jener Stellen war es deutlich flacher und der Mond erhellte diese Bucht hervorragend. Hier wartete dann auch die erste gewichtige Überraschung auf uns:  Nach hammerhartem Biss war schon im  Drill zu erkennen, dass da nicht einerder erhofften AJ`s uns wie eine Dampflok die Schnur von der Rolle zog.  Zudem  unternahm er nicht in „AJ-Manier“  den Versuch, die Schnur am Riff zu kappen. Als sich im Schein der Taschenlampe dann die Silhouette des Fisches in der Tiefe abzeichnete, war klar wer hier gierig zugeschlagen hatte: Am Haken hing ein ca. 60 Kilo schwerer Bluefin!
 
„Caught by accident“ sozusagen, also rein durch Zufall? – Auch in der folgenden Nacht konnten wir noch ein Exemplar landen. Nur die Amberjacks ließen sich nicht mehr blicken, was aber angesichts der Thune kein wirkliches Problem mehr war.
Wir wussten inzwischen, dass alle Skipper in den mondstarken Phasen Probleme hatten, tagsüber ihre Fische zu fangen und man war der einhellig der Meinung, dass die Thune halt nachts fressen und deshalb fuhren wir immer erst nachmittags los.
Langsam wurde die Sache immer interessanter und bei den ersten Bluefintouren im Mai stellten wir uns dann ganz konzentriert auf die neue Sachlage ein. Hierbei fingen wir zwar nicht die ganz kapitalen Thune, aber die Fische reagierten zumindest auf die Köder bei Nacht. Trotz alledem – so gut wie am Tage lief es immer noch nicht!
Ein Jahr später, bei der ersten Banco-Tour (Banco de Emile de Baudot, ein Offshore Plateau auf hoher See zwischen Mallorca und Ibiza) mit Kai Witt im August 2013 konnten wir erneut unsere Thune fangen.
 
Nachts jedoch, pflückten uns die Räuber unsere Broadbill-(Schwertfisch-) Köder, in diesem Fall 2-5 Kilo schwere Potas (größere Calamare), von den Vorfächern. Selbst beim Fischen mit Spezialködern auf diese Potas gab es plötzlich einen hammerharten Einschlag, nachdem kurz zuvor ein Pota gebissen hatte. Der Fisch nahm unter kreischender Rollenbremse rasend schnell Schnur und ging natürlich verloren, da man auf Potas ja mit hakenlosen nadelbedeckten Lures fischt.
So langsam wurde klar, zu welchen Mondphasen und wann genau in der Nacht die Fische jagten: Nämlich nicht – wie man denken könnte – die Nacht hindurch, sondern nur zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Tiefen. Diese Phasen muss man abpassen und dann kann man die Fische sogar mit Kunstködern überlisten!

Für solche Mehrtages-Touren bunkern wir mindestens zwei 160 Liter Coleman Boxen mit Eiswürfeln, genügend Proviant für 6 Personen und noch einmal zwei 160 Liter Boxen mit gefrorenen Sardinen. Dazu natürlich genügend Bootsdiesel und Frischwasser. Oft bleiben wir  4 und mehr Tage draußen – vor allem, wenn es zur Banco geht. Täglich zurückfahren zum Hafen würde nur unnötig Zeit kosten.
Aber auch im Süden Mallorcas gibt es Top-Plätze zum Fang von Bluefins. Sie liegen eine bis drei Stunden Fahrt vom Hafen Cala d‘Or entfernt. Wer sich einmal die Seekarte im südlichen Teil von Mallorca anschaut, wir sehen, dass sich etwa 25 Seemeilen vor der Küste hufeisenförmige Bodenstrukturen aneinanderreihen. Dort suchen wir uns eine Abbruchkante oder einen Hügel aus und füttern Thune vom verankerten Boot aus an. So driften wir nachts nicht von den angefütterten Stellen weg, denn die Thune tauchen nachts nur an den Ecken auf, die auch reichlich Futter beherbergen. Driften über tiefem Wasser brachte uns bei Versuchen nahezu gar keine Bisse bei der Nachtfischerei.
Ein weiterer Vorteil ist auch, das die Futterfische in mondhellen Nächten Schutz am Boot suchen, was zum einen die Baitfischerei erleichtert und auch die Thune mit unter länger am Boot hält.

Es gibt einen 100%igen Indikator, dass große Räuber um das Boot sind: Wenn die nervigen Potas schlagartig aufhören, unsere mühsam ergatterten Köderfische zu attackieren, ist höchste Aufmerksamkeit geboten – und genauso war es in jener Nacht: Kaum hörten die großen Kalmare auf, sich an unseren Ködern zu vergreifen – wir hatten gerade die 3. Rute mit einer lebenden Mittelmeer-Makrele(Caballa) ausgelegt – da zog auch schon der beleuchtete Ballon (welcher sozusagen als Pose dient) zur Seite weg und ein Bluefin in der 60 Kilo Klasse legte einen packenden Drill hin.
Interessant hierbei war, das dieser Fisch nicht sein Heil in der Tiefe suchte – wie für Thune eigentlich typisch – sondern vielmehr am Boot hin und her zog, immer wieder seitwärts ausbrechend mit dem Versuch, das Boot zu überholen. Wir nahemn deshhalb zunächst auch an,  dass ein Schwertfisch, oder auch ein größerer Hai am anderen Ende der Leine seine Bahnen zog.   Dieser Thun sollte nicht der letzte bleiben, denn schon kurze Zeit später konnte ein weiteres Exemplar gehakt werden, welches den Hogy Lure jedoch so unglücklich erwischte, das es nach kurzer Zeit ausschlitzte.
Eine weitere Kuriosität ergab sich dann bei dem Versuch, gezielt auf die hier ebenfalls vorkommenden Haie (Makos, Blau- und Fuchshai) zu fischen. Die ganze Makrele, angeködert an großem Haihaken und Stahlvorfach, fand schnell einen Liebhaber – allerdings kein Hai, sondern einen weiteren Blauflossenthun! Da wird nun weltweit über das beste Vorfachmaterial philosophiert und nicht wenige Experten sind der Meinung, das Fluocarbon absolut unerlässlich ist… Gut, das mag am Tage und für alte, erfahrene und vorfachscheue Fische gelten – aber nachts konnte unseren Thun auch 1 mm Stahl nicht stoppen und bescherte unserem Gast damit einen weiteren schweißtreibenden Drill an der 30er Rute.
 
Genau so schnell wie die Thune da waren, verschwanden sie auch wieder – und nun hieß es wieder warten auf die nächste Beißphase.
Fazit: Alles in allem kann dieser Test mit 4 Angeltagen und insgesamt 8 Bluefins und einigen neuen Erkenntnissen in Sachen Fressverhalten von Thunfischen als durchaus als erfolgreich bezeichnet werden.
Und Eines ist klar: Die Fische fressen nur, wenn der Mond zu sehen ist. Wir haben keine guten Erfahrungen mit bewölkten Nächten und Driften über tiefem Wasser gemacht. Mehrmals konnten wir beobachten, wie Fische direkt am Boot vorbeischwammen und weniger Scheu zeigten als tagsüber.  Seit 2013 legen wir uns nun auch nachts auf die „Lauer“  – bei maximal 4 Vollmondphasen pro Jahr – und konnten jedes Mal unsere Quote verbessern.
 
In jedem Fall soll dies eine Ermutigung sein, es auch mal nachts zu versuchen.
Leider gibt es bislang noch keine vergleichbaren Berichte aus Italien, Frankreich oder Kroatien. Auch hier gibt es einige Skipper die sehr erfolgreich sind,es aber vermutlich einfach noch nicht nötig hatten, nachts zu fischen.  Zweifellos gibt es hier noch viel zu erforschen – und wir werden bestimmt wieder über die Nachtfischerei berichten…
Kontakt: https://www.balearic-sportfishing.com

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