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Totgedrillt: Viele Haie sterben nach dem Releasen
Selbst kurze Drillzeiten von nur 20 Minuten reichen offenbar aus, um die besonders empfindlichen Großen Hammerhaie als sichere Todeskandidaten in die „Freiheit“ zu entlassen. Da freut sich der Angler: Der ans Boot gedrillte oder gar auf den Strand gezogene Haie ist fotografiert, wurde zurückgesetzt und schwimmt gemächlich davon. Lebend. – Doch nicht für lange: Einer nun veröffentlichten Studie zufolge sterben viele Haie noch bis zu drei Wochen nach dem Drill an den Folgen einer Übersäuerung ihres Blutes. Besonders erschreckend: Selbst kurze Drillzeiten von nur 20 Minuten reichen offenbar aus, um die besonders empfindlichen Großen Hammerhaie als sichere Todeskandidaten in die „Freiheit“ zu entlassen.
Für die Studie fingen die US-Wissenschaftlerum Neil Hammerschlag und A.J. Gallagher insgesamt 102 Schwarzspitzen-, Bullen-, Zitronen-, Tiger- und Große Hammerhaie vor Florida und den Bahamas in Tiefen von 30-60 m.
Die Biologen nutzen dazu eine klassische Drumline (a-c) mit einer 23 m langen Mundschnur (Vorfach f-g), sowie einem 16/0 Circle Hook (h). Die „fighting time“ genannte Zeit der Fische am Haken wurde mit einem Zähler gemessen, der durch den Zug der Fische nach dem Biss ausgelöst wurde.
Den so gefangenen Fischen wurden Blutproben zur Bestimmung des Laktat- und pH-Wertes genommen und ihre Augenreflexe mit Spritzern aus einer Wasserpistole auf die Netzhaut getestet.
Dann bekamen die Tiere einen Satellitensender an die Rückenflosse und wurden releast.
Das Ergebnis gibt zu denken: Obwohl die Fische an der mit 23 m sehr langen Leine kreisen konnten, entwickelten sie im Kapf dagegen je nach Art teils extrem hohe Laktatwerte. Am unempfindlichsten waren demnach Tiger- und Zitronenhaie. Alle Tigerhaie (bis auf einen von einem Angler gefangenen) lebten auch noch vier Wochen nach dem Zurücksetzen. Bei den Bullenhaien starb immerhin mehr als ein Viertel innerhalb der ersten beiden Wochen. Unter den Großen Hammerhaien waren da schon rund 43% aller Fische tot. Die Zahl der Überlebenden sank dann bis zum Ende der dritten Woche ein weiteres Mal auf nur noch 53.6%
Der Studie zufolge stecken große Haie die Laktat-Vergiftung besser weg als kleinere. Entscheidend istfür alle Fische aber die Drilldauer/Fighting Time:
Wie kommt es zur Laktazidose: Rote Muskeln haben Fische (und wir auch) für beständige Dauerleistung. Weiße Muskeln sind für kurzfristige Höchstleistungen gemacht. Sie ziehen sich sehr viel schneller zusammen als rote Muskeln, benötigen dafür aber auch sehr viel mehr Energie. Diese beziehen sie überwiegend durch die Zuckerverwertung ohne Sauerstoff. Dabei entsteht als Abfallprodukt Laktat (Salz der Milchsäure), das in größeren Mengen nicht mehr über die Atmung abgegeben werden kann. Das Laktat führt dann zu einer Übersäuerung des Blutes. Sportler erreichen etwa nach einem 1000-Meter-Lauf Laktatwerte von bis zu 20 mmol.
Hammerhaie überleben solche Werte nicht. Ein Tier, das nur 24 Minuten gedrillt worden war, hatte danach einen Laktatwert von knapp 19 mmol. Der Hai schwamm nach dem Releasendann zwar in einer verkrampften Haltung davon. Videoaufnahmen zeigten aber, dass der Fisch 10 Minuten später auf den Meeresgrund sank und starb. Ein 3,45 m langer Hammerhai teilet dieses Schicksal, er starb 30 Minuten nachdem Releasen.
An Langleinen gefangene Haie bestätigen, dass Haie den Kampf gegen Schnüre und Leinen bis in den Laktose-Tod führen. Demnach sind Tigerhaie äußerst robust: Weniger als 5% von ihnen waren beim Einholen der Langleinen bereits tot. Beim Großen Hammerhai liegt diese Rate bei 60-90% und beim BlacktipShark bei 88%.
Nun hat Staat Florida die drei bedrohten Arten Großer Hammerhai, Bogenstirn Hammerhai und Gemeiner Hammerhai zwar seit 2012 geschützt und ihre Entnahme verboten. Doch Catch und Relase tötet der Studie zufolge aber weiterhin viel zu viele Fische. Die Konsequenz kann deshalb nur lauten: Befristetes Haifischangelverbot, etwa wenn sich Hammerhaie vor der Westküste Floridas zum Gebären einfinden oder dort am Boca Grande Pass den Tarponen nachstellen.
Überdies wirft die Studie ein düsteres Licht auf alle Angler, die vom Strand aus auf Haie fischen, sei es vor Florida oder beim Angeln auf Kupferhai an den Stränden der namibischen Skelettküste. Kupferhaie gehören wie die Blacktips zur Gattung Carcharhinus und kämpfen bis zur völligen Erschöpfung.
Quelle: Gallagher, A. J., (et al): Physiological stress response, reflex impairment, and survival of five sympatric shark species following experimental capture and release, MARINE ECOLOGY PROGRESS SERIES, Vol. 496: 207–218, 2014,
https://rjd.miami.edu/wp-content/uploads/2014/01/Gallagher-et-al.-2014.pdf