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Nur die Dummen holt der Angler
In Gebieten mit hohem Befischungsdruck sorgen wir Angler offenbar selbst dafür, dass wir ab einem gewissen Zeitpunkt weniger fangen: Nachdem dumme, vorwitzige und gefräßige Räuber weggefangen sind, bildet sich eine Population misstrauischer Fische heraus, die erahnen, dass in leckersten Ködern ein Haken steckt. Rückgängige Fangzahlen bedeuten deshalb nicht zwingend, dass Bestände bedroht sind. Dies fanden Wissenschaftler bei Angeln mit Videoüberwachung auf Schriftbarsche vor Mallorca heraus. Demnach blieben den Raubfischen in Gebieten, wo viel geangelt wurde, das Maul vernagelt, während sie in Meeresschutzgebieten aggressiv die Köder attackierten.
Eine mögliche Erklärung ist, dass die aggressivsten Fleischfresser unter den Schriftbarschen mit der Zeit aus dem Bestand ausselektiert wurden und nur diejenigen überlebten, die Gene für Misstrauen in sich trugen. Diese konnten sich in der Folge ungestört vermehren und haben so zur fischereilichen Selektion auf „Unfangbarkeit“ beigetragen. Mit andern Worten: Die Dummen sind die dummen.
Foto: Josep Alós
Wichtiger ist aber die zweite Erkenntnis: Obwohl die Fangrate der Schriftbarsche in den befischten Gebieten nur etwa halb so groß war wie in den Meeresschutzgebieten, tummelten sich in beiden Gebieten ähnlich viele Fische. Die Fangraten in den Schutzgebieten waren nur deswegen höher, weil die Schriftbarsche weniger scheu waren, nicht weil sie häufiger waren.
„Die Ergebnisse lassen vermuten, dass in stark befischten Gebieten die Fangraten einiger Fische stark zurückgehen können, ohne dass die Fischbestände proportional sinken“, sagt der der Erstautor der Studie Josep Alós. „Alarmierende Meldungen über dramatisch rückgehende Fischbestände im Zeitverlauf, die auf reinen Fangdaten beruhen, wie zum Beispiel aus der Langleinenfischerei bei Thunfischen oder Schwertfischen, könnten ihre Ursache auch in steigender Hakvermeidung der über mehrere Generationen befischten Populationen haben. Wir müssen unsere Bestandserhebungsmethoden auf den Prüfstand stellen. Vielleicht beherbergen befischte Gebiete mehr Fische als wir manchmal glauben“, lautet das Fazit des Mitautors Robert Arlinghaus. Ihre Studie lautet “Impacts of partial marine protected areas on coastal fish communities exploited by recreational angling” und ist erschienen in Fisheries Research, 137.
Schriftbarsche können bis zu 40 cm lang werden und sind sehr schmackhaft. Sie kommen nicht nur um Mallorca oder in der Adria vor, sie sind auch in meinem eBuch „Angeln im Mittelmeer“ vertreten. Es sollte Ende des Jahres erscheinen.