In der Todeszone mit Popper und Jig

Kraxeln Bergsteiger auf den Mount Everest, kommen sie ab 7000 m Höhe in die Todeszone. Die Luft wird so dünn, dass sie ohne Sauerstoffgerät sterben können. Bleibt man in diesem Bild, gibt es auch für jede Popper-, Jig- oder Spiinnrute eine „Todeszone“: Wird sie im Drill zu hoch gehalten, stirbt auch sie.

Es ist schon erstaunlich, wie wenig Wert Angler auf ihre eigene Drilltechnik legen und dem Material statt sich selbst die Schuld geben, wenn es wegen „Haltungsfehlern“ zum Bruch kommt. Ich sage das nicht besserwisserisch von meinem Schreibtisch aus, sondern aus leidvoller eigener Erfahrung: Beim Bonefish- Angeln auf den Bahamas hatte ich gleich beim ersten schönen Fisch eine Handlandung versucht und dabei die Klasse 7 Thomas & Thomas-Rute so sehr hinter mir in den Himmel gestreckt, dass der Winkel zwischen Rute und Schnur immer kleiner wurde – bis die Rutenspitze nachgab. Zum Glück war eine Ersatzrute dabei.

Seitdem beherzige ich, was in einigen guten Foren zur Drilltechnik gepredigt wird: Spitze Winkel sind aller Ruten Tod! Dies gilt vor beim Jiggen und Poppern.

Folgendes Bild eines Rutenherstellers zeigt, worum es generell geht.

Richtig gedrillt wird in dem hier „proper fighting zone“ genannten Segment zwischen 0º und 45º, alos aus Anglersicht zwischen 09.00 Uhr und etwa der 10.30 Uhr-Position In dem Bereich darüber, also von 45  aufwärts, beginnt die „Todeszone“ für alle Rutenspitzen.

Noch ein bisschen höher und : Knack, ab!

Die Bruchgefahr ist auch abhängig von der Position des Fisches zum Boot.
1.Der Fisch steht weit draußen: Zeigt die Rute horizontal auf den Fisch, wirken keinerlei Kräfte auf die Rute. Der Angler verspürt allein den Zug der Bremskraft an der Rolle. Er könnte die Rute dann ohne allzu große Gefahr auch auf die 12.00-Uhr-Position anheben. Er verschwendet aber damit unnötig Kraft, weil kurze, schnelle Pumpbewegungen im Winkel von 0-45º schneller durchgeführt werden können und Fische schneller ermüden

Aber: Je näher der Fisch zum Boot kommt, umso mehr muss in der „fighting Zone“ gedrillt werden, damit der Winkel zwischen Rute und Schnur nicht zu klein wird,

Zeigt die Rute bei einem direkt unter dem Boot stehenden Fisch horizontal über das Wasser, liegt ein doppelt böser 90°-Winkel zwischen Rute und Schnur an. Zum einen ist er wegen der maximalen Hebelwirkung (Schulphysik: tangens alpha bei 90° = 1) böse für die Rute. Markenhersteller fordern bei ihren Top-Modellen deshalb auch deutlich schwächere Bremseinstellungen bei solch einem Winkel.

Sieht „macho“ aus, ist aber gefährlich. Besser den Rutenfuß unter die Achselhöhle klemmen uns mit der Rute zum Wasser zeigen. Courtesy: emeraude fishing

Böse ist der 90° Winkel aber auch wegen seiner maximalen Last für den in der Endphase des Drills schwächelnden Angler. Und was tut der fatalerweise? – Um sich zu entlasten, zieht er die Rute immer mehr an sich, bis sie auf der 12.00-Uhr-Position senkrecht in den Himmel zeigt. Physikalisch betrachtet verkürzt der Angler damit den für ihn ungünstigen (90º-Hebel) auf nahezu Null: Hände, Bizeps und Rücken werden entlastet. Allerdings „verkürzt“ der Angler damit auch seine Rute womöglich auch endgültig: Wird der Winkel zwischen Rute und Schnur zu klein, verliert er Kohlefaserblank seine Biegeeigenschaften und die Rutenspitze bricht.

Um ganz präzise zu sein: Steht der Fisch unter dem Boot. Muss sich die „proper fighting zone“ auch in den unteren Quadrant verlagern. Gedrillt wird dann zwischen der 7.00-Uhr- und der 9.00-Uhr-Position. Mit der Rutenspitze fast ins Wasser zu zeigen, das klingt ungewöhnlich, ist bei Slow-Jigging-Ruten aber die Regel. – Übrigens verspüren müde Angler auch dann eine Entlastung ihrer geschundenen Muskeln und riskieren keinen Rutenbruch.

Deshalb gilt: In der Endphase des Drills darf sich der schwächelnde Angler NIE irgendwo an Bord hinsetzen, weil dies eine steile Rute und spitzen Winkel zur Schnur begünstigt.  Steht der Fisch unmittelbar unter dem Boot, kommt die Popper- oder Jigrute IMMER raus aus dem Gimbal und wird unter die Achselhöhle geklemmt! Dann kann die im Anglerenglisch „high stick“ genannte gefährliche 12.00 Uhr-Position gar nicht erst entstehen. Der Fisch steht dann zwar immer noch eine Rutenlänge von der Bordwand entfernt. Doch ein Schwenk der Rute nach rechts oder links zur Bordwand hin – und schon kommt das Vorfach in Reichweite des Mates oder der Angelkameraden.

Folgendes Video zeigt einen Rutenbruch in der Todeszone:

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