Chicago: Streetfishing

Von Henrik Howe

Im November des vergangenen Jahres hatte es mich für eine Woche halb beruflich, halb privat nach Chicago verschlagen. Bereits im Vorfeld schaut man sich als leidenschaftlicher Angler dann natürlich nach Möglichkeiten, um auch ohne Ortskenntnisse an den einen oder anderen Fisch zu gelangen. Dank der sehr offenherzigen Hilfsbereitschaft einiger amerikanischer Angler in einem auf den Michigan See und Chicago River spezialisierten Angelforum,  erhielt ich zahlreiche Hinweise zu den für die Jahreszeit üblichen Angelmethoden und  -plätzen. Große Hoffnungen machte man mir allerdings nicht, denn es sei Off Season und ich könne maximal mit einigen kleinen „Crappie“ rechnen.
Am Ende der Recherchen stand dann fest, dass zwei Reisespinnruten und diverse Kunstköder mit ins Gepäck müssen:  eine ultraleichte, 2,10 m lange Rute mit einem Wurfgewicht zwischen 2 – 12 g für die erforderliche feine Angelei im Chicago River und eine mit 2,70 m längere mittelschwere Rute mit einem Wurfgewicht zwischen 10 – 40 g, mit der diverse Kunstköder im Lake Michigan auf Distanz gebracht werden sollten.
Gleich am ersten Tag meines Aufenthaltes führte mich mein Weg einmal von Nord nach Süd quer durch Chicago. Für die Strecke von der Ohio Street (etwa auf Höhe Navy Pier) bis zu Henry’s Bait Shop in der S Canal Street benötigte ich etwa 2,5 Stunden per pedes.

Sightseeing auf dem Weg zum Tackleshop
Der Weg war alle Mühe wert, denn am Ende konnte ich dort nicht nur die erforderliche Angellizenz für einen vergleichsweise geringen Preis von nur 15,50 USD erwerben, sondern erhielt auch noch einige hilfreiche Empfehlungen zu den angesagten Angelspots.
Auf persönliche Empfehlung des Inhabers machte ich mich vom Shop aus direkt auf den Weg an das östliche Ende der 31. Straße und wollte vom dortigen Pier aus im Michigan See einen Fisch zu haken.
Es ist kaum zu glauben, aber nach nur 10 Würfen schlug es wie ein Blitz in die leichte Reisespinnrute ein! Ich hatte für die ersten Würfe einen bekannten Allroundköder gewählt – einen silbernen Mepps Spinner der Größe 3. Den fand offenbar ein größerer Fisch so attraktiv, dass er beherzt zuschnappte und die Bremse meiner guten alten Shimano Twin Power 2500 FA wie rasend zum Singen brachte.
Ein aufregender Kampf endete damit, dass ich nach etwa 15 Minuten Hals über Kopf, ohne Kescher, über dem Pier hing und den Fisch beim ersten Versuch hinter den Kiemendeckel greifen konnte.
Erst als das Tier nass glänzend in der Sonne vor mir lag und der Puls sich einigermaßen beruhigte, realisierte ich so richtig, was ich da für einen Fang gemacht hatte!

Personal Best Rainbow Trout aus dem Lake Michigan
Als Erinnerung gibt es leider nur ein Selfie, dennoch wird deutlich, was für ein kräftiger Fisch mich da glücklich gemacht hat!
Alle weiteren Versuche, auf dem ca. 15 km langen Fußmarsch entlang des Sees zurück zu meinem Hotel blieben ohne Erfolg und ohne weiteren Biss. Am Ende des Tages zeigte mir das noch deutlicher, wie groß meine Glückssträhne gewesen sein muss! Zahlreiche Angler, mit denen man unterwegs immer mal wieder ins Gespräch kam, blieben „Schneider“ und auf den von mir gelandeten Fisch angesprochen erwiderten sie alle, dass es unvorstellbar für sie wäre, dass ein Tourist nach nur wenigen Würfen so ein Monster landen könnte.

Auf dem Weg zurück in die Stadt
An den darauffolgenden Tagen unternahm ich noch einige halbherzige Versuche, auch dem Chicago River noch einen Fisch zu entreißen, blieb aber ohne jeden Erfolg.
Wahrscheinlich war ich auch viel zu sehr abgelenkt von der sich bietenden Kulisse!

Mehr „streetfishing“ geht nicht!

Schon im November letzten Jahres warfen Schatten die aktuelle Entwicklung voraus!

Zwei Tage vor der Rückreise zog es mich dann noch einmal zurück in die Nähe meines Erfolgs vom ersten Tag.
Tja und wie das mit Glückskindern so ist im Leben, ich konnte tatsächlich noch eine weitere, wenn auch deutlich kleinere Forelle in einem Hafen in der Nähe des Soldier Fields landen! Dieser Fisch griff sich ebenso beherzt wie seine große Schwester einen 12 g Spin Jig im Barschdesign.

Und die Moral von der Geschicht? Egal wohin es Euch verschlägt auf dieser Welt – vergesst die Reiseruten nicht!
Beste Grüße
Henrik

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