Angefixt: Malle-Thune mit Toni

Es war ein Tag nach Vollmond, zu dieser Zeit jagen die Thunfische eher nachmittags. Also ging es auch erst gegen 11.00 Uhr von Tonis Heimathafen in Port Alcudia los. Eine halbe Stunde fuhren wir zu Tonis Zielplätzen. Dann hieß es Stöcker-Makrelen fangen in 90 – 100 Metern Tiefe. Nicht unanstrengend: Toni brauchte größere Makrelen, denn um einen großen Thun zu fangen, bedarf es großer Köder. Von Constantin Camesasca

Schon vor 20 Jahren zog ich wunderschöne Goldbrassen, Wolfsbarsche, Lippfische und Meeräschen aus den glasklaren Gewässern des nördlichen Mallorcas. Doch das wenige Kilometer weiter draußen, rund um das Cap de Formentor, große Blauflossenthunfische jagen, war mir bis vor kurzem nicht bekannt.

Kaum ein Tourist, der sich in den Sommermonaten an den weißen Stränden der Insel sonnt, weiß, dass bis zu 240 Kilo schwere, unersättliche und wahnsinnig kampfstarke Bluefins in guten Zahlen vor der Steilküste der Tramuntana vorkommen.

Einen zu haken, ist jedoch eine ganz andere Geschichte. Genau das wollte ich mit meinen zwei besten Freunden und meinem Bruder im Oktober 2014 erleben. Schon im Mai versuchte ich mein Glück, konnte mich zwar nicht mit einem Thunfisch messen, wurde dafür aber mit einem jagenden und mehrfach aus dem Wasser springenden Schwertfisch, der gut und gerne an die 100 kg schwer war, sowie eine Gruppe vorbei ziehender Delfine belohnt.

Doch nun sollte es klappen: Unser Skipper, Toni, war zuversichtlich. Wenn sich einer mit Thunfischen auskennt, dann Toni Rieira. Er vertrat Spanien in den Big-Game-Weltmeisterschaften in Mexiko, hat unzählige Thunfische gehakt und gefangen und kennt das Meer rund um den Norden der Insel wie kein anderer.

Es war ein Tag nach Vollmond, zu dieser Zeit jagen die Thunfische eher nachmittags. Also ging es auch erst gegen 11.00 Uhr von Tonis Heimathafen in Port Alcudia los. Eine halbe Stunde fuhren wir zu Tonis Zielplätzen. Dann hieß es Stöcker-Makrelen fangen in 90 – 100 Metern Tiefe. Nicht unanstrengend: Toni brauchte größere Makrelen, denn um einen großen Thun zu fangen, bedarf es großer Köder.

Die Stöcker wurden in 3 verschiedenen Tiefen angeboten, 30, 50 und 70 Meter. Sobald das Sonar laut gab und einen Fisch anzeigte, wurden die Tiefen angepasst und dem Thun quasi den Köder vorgesetzt. Einige Zeit verstrich bis Toni lautstark „bite, bite, bite“ schrie und ich bereits in den Kampfstuhl, der außen am Bootsheck angebracht war, saß und die schwere Angel hielt. Vier, fünf Mal kurbelte ich ein und erst dann merke der Thun, das er gehakt war und zog gefühlte Minuten lang Schnur von der Spule der großen Multirolle.

Das Gewicht am anderen Ende der Leine war enorm, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Kaum kurbelte ich ein paar Meter Schnur auf, da riss der Thun sie mit langen Fluchten wieder von der Rolle. Die Belastung war so extrem, dass ich nach 15 Minuten den Platz abgeben musste. Tobi war dran. Doch auch der 1,94-Meter-Mann fand hier seinen Gegner. Also  20 Minuten später der nächste Wechsel. Wir kämpften nun schon länger als eine halbe Stunde mit dem Thun. Toni amüsierte das sehr, er schätzte den Fisch auf knapp 80 kg, und scherzte in dem er ihn „Baby Tuna“ nannte.

Wir wechselten noch einmal durch bis ich wieder an der Reihe war. Nach 45 Minuten, nass geschwitzt und mit brennenden Muskeln, sahen wir den Fisch zum ersten Mal. Aus dem tiefdunklen Mittelmeer blitze es Ultramarin, Silber und Grün auf. Dann war er vor uns – ein wunderschöner Blauflossenthun mit leuchtenden Flanken, gelben und blauen Flossen und weit geöffnetem Maul zog er seine Kreise vor unseren erstaunten Augen.

Bevor Toni ihn an Bord ziehen konnte, zog der Thunfisch Tonis Kollegen noch mit einer kräftigen Flucht ins Wasser. Doch dann lag er vor uns. Toni maß ihn und verglich die Länge auf einer Liste um ihn auf ca. 70 kg zu schätzen. Ich zog mir eine Taucherbrille auf, sprang ins Wasser, bekam den Thunfisch in den Arm gelegt und sah dabei zu, wie er langsam wieder in das tiefe Blau verschwand. Was ein Erlebnis!


 
Kaum hatten wir das Adrenalin in unserem Blut und die übersäuerten Muskeln wieder unter Kontrolle, hieß es wieder „bite“, und ich bekam abermals die Rute in die Hand. Diesmal ließ sich der Fisch aber ohne weiteres ans Boot holen, ein Little Tunny von immerhin fast 20 kg bescherte uns die nächsten drei Tage 3 Mahlzeiten am Tag. Blutrotes Fleisch das ganz kurz und scharf angebraten hervorragend schmeckte.

Im Mai geht es wieder los, mit Toni, mit Freunden und mit ein bisschen mehr Vorbereitung, denn ohne aufwärmen, ohne auch nur ein bisschen Training davor, geht das so nicht mehr. Vor allem weil im Mai die ganz großen kommen, so Toni.

Hasta proxima amigo, y un abrazo!

Constantino
 

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