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Alcudia – Ende Oktober 2016
Doch die von Westen kommende Strömung (siehe oben) hatte statt der üblichen 0,5 Knoten ein (laut Toni) zuvor noch nie dagewesenes Tempo von etwa 3,5 bis 4 Knoten erreicht. Die Strömung am Ankerplatz war so hart, dass die beiden Schiffsschrauben die Wellen der abgeschalteten Motoren gehörig ins Drehen brachten. Selbst vier Bleie mit insgesamt 3,4 kg an der Schnur reichten nicht aus, um den lebenden Köderfisch auf Tiefe zu bringen und das Chum schoss nur so an der Oberfläche davon.
„Bacoreta“, so heißt der Little Tunny an der spanischen und mallorquinischen Küste. Und dort, im Norden Mallorcas hatte ich mir zu meinem Geburtstag Ende Oktober ein paar Tage angeln gegönnt und wollte mit Freund Robert Little Tunny an leichtem Gerät fangen: Die beiden top Skipper Toni und Vins Riera hatten in den beiden Woche zuvor rund um das Cap Formentor (nördlich von Alcudia) schon etliche Tunnys bis in Rekordgröße gelandet und mich damit nervös gemacht. Bei diesen flotten Wanderern heißt es aber, zeitnah vor Ort zu sein. Als wir ankamen, waren dann zwar unzählige Fische unter der Küste, doch sie machten ihrem Vornamen „Little“ alle Ehre. Statt der erhofften Boliden tummelten sich nur noch Fischlein in der Gewichtsklasse um ein Kilogramm.
Wir fanden die Kleinen in Reichweite unserer Fliegenruten an den „Floating Artificial Devices“, den Mini-Plattformen, die Berufsfischer jedes Jahr dutzendfach für den Fang der Goldmakrelenschwärme auslegen. Das sind einfachste aber hoch effiziente Gebilde aus einer Plastikbox, gefüllt mit Styropor und zwei Schatten spendende (und damit Fische anlockende) Palmwedel an einem Ende.
Dort konnten wir uns beweisen, dass die eigens gebastelten Fliegen fängig waren. Allerdings nicht an Goldmakrelen (die waren schon längst alle abgefischt), aber dafür an den kleinen Little Tunnys.
Da der Spaßfaktor von 1 kg Fischen an einer 10er Fliegenrute aber wirklich nicht vergnügungssteuerpflichtig ist, stellten wir diese Fischerei sehr schnell ein und wollten stattdessen auf die großen Vettern der Tunny, die Bluefins angeln.
Blauflossenthune können vor dem Cap Formentor das ganze Jahr über gefangen werden. Ich werde immer wieder gefragt, warum das so ist. Deshalb hier ein kleiner Einschub zur Erklärung anhand der folgenden Strömungskarte:
Entlang der spanischen Mittelmeerküste fließt von Norden kommend (1) eine vergleichsweise kühle und salzhaltige Strömung. Sie nimmt am Ebro-Delta Unmengen von Nährsalzen auf und schickt südlich davon einen Abzweiger (2) in Richtung der Nordküsten von Ibiza und Mallorca. Durch den Kanal zwischen den Inseln wandert zugleich an der Westküste Mallorcas eine Strömung mit sauerstoffreichem Atlantikwasser (3) , das über Gibraltar ins Mittelmeer strömt und in Eddies mit 100 km Durchmesser und mehr auch nach Norden wandert. An der Nordküste von Mallorca trifft dann die salzhaltige vom Festland kommende Strömung mit dem Atlantikwasser zusammen. Beide bilden Fronten (4) und kurbeln so die gesamte Nahrungskette mit den weit unten stehenden Holzmakrelen an. Bluefins finden dort ganzjährig Futter und können deshalb dort (im Norden und nicht im Süden, Westen oder Osten) auch ganzjährig gefangen werden. Die Saison der Brüder Riera fängt im Januar an, wenn dort das zweiwöchige Wetterphänomen „La Calma“ für eine nahezu windstille Zeit sorgt.
Wir fuhren deshalb mit Toni und Vins zu deren üblichem Fangplatz, um am Anker auf Thun zu fischen, erlebten am Tag nach dem starken Erdbeben aber eine Überraschung: Über den Screen des Fishfinders zogen zwar etliche Echos von Thunen und sogar einem Schwertfisch.
Doch die von Westen kommende Strömung (siehe oben) hatte statt der üblichen 0,5 Knoten ein (laut Toni) zuvor noch nie dagewesenes Tempo von etwa 3,5 bis 4 Knoten erreicht. Die Strömung am Ankerplatz war so hart, dass die beiden Schiffsschrauben die Wellen der abgeschalteten Motoren gehörig ins Drehen brachten. Selbst vier Bleie mit insgesamt 3,4 kg an der Schnur reichten nicht aus, um den lebenden Köderfisch auf Tiefe zu bringen und das Chum schoss nur so an der Oberfläche davon.
Am Tag darauf erlebten wir dasselbe Schauspiel, diesmal aber in umgekehrter Richtung. Die Strömung floss nun zurück nach Westen, zum Festland hin. Unsere Vermutung für dies Phänomen: Das Erdbeben könnte an den unterseeischen Canyons des spanischen Festlandsockels eine Sedimentlawine ausgelöst haben, die dann ins Tiefe rutschte. (Und Sediment gibt es vor dem Ebro ja reichlich). Diese Lawine könnte die Strömung am ersten Tag beschleunigt haben und das Wasser am folgenden dann zurückgeschwappt sein. Wir fischten deshalb weiter südöstlich, im Strömungsschatten des Kaps Formentor über dem Wrack eines italienischen Kriegsschiffes: Der IMPETUOSO.
Das 85 m lange Torpedo-Boot liegt dort seit 1943 nach einer Selbstversenkung auf knapp 100 m Tiefe und hat sich zu einem Fischmagneten entwickelt, der im Herbst und Winter auch Bluefins anzieht.
Wir fingen zwei:
Roberts Thun mit rund 50 kg war allerdings der kleinste Thun, der jemals an Bord der SQUITX oder der CARPE DIEM gefangen und getaggt wurde.
Ob der Grund für Roberts Negativrekord auch am Erdbeben lag, oder einfach nur Zufall war? Einerlei: Der „Rote-Laterne-Robert“ wird den Spott noch eine Weile aushalten müssen. – Ich kann froh sein, ihm den Vortritt gelassen zu haben. Mein Thun wog etwa 70 kg und entsprach damit der Unterkante des vor Alcudia üblichen Gewichts.
Drei Tage später, am Freitag (4. November) lief die Strömung wieder normal. Vins hatte eine Charter und die 23-jährige Tochter seines Gastes fing einen (laut Tabelle) 81 kg schweren Bluefin.
Der größte Thun den die Brüder in diesem Jahr übrigens releasen konnten, wude auf der CARPE DIEM unter Vins gefangen, er wog 247 kg! Die beste Zeit für große Thune ist Mitte Mai bis Mitte Juni, dann liegt das Gewicht der Fische in der Regel zwischen 100 und 200+ kg. Ich habe nun gute Lust, eine Gruppe von 3 Mann je Boot zum Thunfischangeln auf die Boliden Ende Mai zu begleiten und zu betreuen. Toni arbeitet ein entsprechendes Angebot inklusive Unterkunft aus. – Bei Interesse bitte melden!