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Aale – vom Winde verweht
Dass die vom Aussterben bedrohten Fische nach Jahren in unseren Flüssen zu einer 4500 km langen Reise ins Sargassomeer vor der Karibik aufbrechen, um dort zu laichen und danach zu sterben, ist zwar bekannt. Sehr viel mehr aber kaum. Nun konnten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel (GEOMAR) herausfinden, dass das Aufkommen und Überleben des Aal-Nachwuchses jedes Jahr aufs Neue von windgetriebenen Meeresströmungen abhängt Der Lebenszyklus der europäischen Aale ist für Biologen noch immer ein Rätsel. Dass die vom Aussterben bedrohten Fische nach Jahren in unseren Flüssen zu einer 4500 km langen Reise ins Sargassomeer vor der Karibik aufbrechen, um dort zu laichen und danach zu sterben, ist zwar bekannt. Sehr viel mehr aber kaum. Nun konnten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel (GEOMAR) herausfinden, dass das Aufkommen und Überleben des Aal-Nachwuchses jedes Jahr aufs Neue von windgetriebenen Meeresströmungen abhängt
Grundlage der nun in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlichten Studie war ein in Kiel entwickeltes Ozeanmodell, das ursprünglich die Auswirkungen von schmelzenden Grönlandgletschern auf den Nordatlantik simulieren sollte. Wegen seiner extrem hohen Auflösung kamen die Forscher dem Ozeanograph Arne Biastoch zufolge auf die Idee, es für eine Simulation von Aal-Wanderungen zu nutzen.
Die Wissenschaftler simulierten dazu im Computer Wind und Strömungen, wie sie zwischen 1960 und 2005 im Atlantik real herrschten und setzten in jedem dieser Jahre in der Sargassosee acht Millionen virtuelle treibende Aallarven ein. „So konnten wir verfolgen, wie die Larven nach Europa drifteten. Nur diejenigen, die innerhalb von zwei Jahren die europäischen Schelfmeere erreichten, galten als überlebensfähig. Das entspricht ebenfalls realen Vergleichsdaten“, erklärt Christophe Eizaguirre, Initiator der Studie.
Ausbreitung virtueller Aale von der Sargassosee nach Europa in einem hochauflösenden Ozeanmodell. Modellierung: GEOMAR
Die Zahl der überlebenden Aallarven schwankte dann im Modell deutlich: In den frühen 1980er Jahren schaffte nur ein geringer Bruchteil der Larven den Weg bis Europa. Grund waren kleinräumige, windgetriebenen Meeresströmungen. Je nachdem, ob sie auftraten oder nicht, verlängerte sich der Weg der Larven. Sie drifteten dann zunächst durch die Karibik, in den Golf von Mexiko, dann um Florida herum und erst dann in den Golfstrom, wie der untere Kartenausschnitt zeigt. In anderen Jahren schafften die Larven den kurzen Weg direkt in den Golf-Strom, der sie bis vor Europas Küsten verdriftete (rot auf der Karte). „Diese Strömungen schwanken stark zwischen einzelnen Jahren und Jahrzehnten, was sich entscheidend auf die Überlebenschancen der Aal-Larven auswirkt“, erklärte Biastoch.
Deutlich zu erkennen sind die zwei Wege, die die Larven je nach Windverhältnissen nehmen müssen: der lange Weg durch die Karibik oder der kurze direkt in den Golfstrom.
Diese Entdeckung kombinierten die Forscher zudem mit genetischen Analysen. Dabei fanden sie heraus, dass die Aale sich nicht irgendwo in der Sargassosee vermehren, sondern genau in die Region zurückkehren, in der schon ihre Mütter abgelaicht haben. „Das ist eine neue Erkenntnis, bisher ging man davon aus, dass die Paarung im Atlantik völlig unabhängig vom Herkunftsgebiet stattfindet.
Das endgültige Schicksal der Aale während ihrer langen Wanderung von der Sargassosee zu den europäischen Küsten ist allerdings immer noch schwer vorherzusagen. Von den 1960er bis in die 1980er Jahre stimmten die Ergebnisse der Computer-Simulation mit dem real beobachteten Auftreten von jungen Aalen vor den europäischen Küsten überein. Danach scheint die Entwicklung der Aalbestände von den klimatischen Einflüssen im Atlantik abgekoppelt zu sein. „Fischereidruck, die Zerstörung von Lebensraum in europäischen Flüssen und Seen sowie Krankheiten wurden als Faktoren wichtiger“, erklärte Baltazar-Soares.