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Tofteroy Endbilanz: Fischen und Kultur
Norwegen ist: Angeln. Bei Ausfalltagen aber auch Kultur. Zumindest für die, die sie mögen und von Tofteroy aus angeln, denn von dort sind es nur 40 Autominuten nach Bergen. Norwegen ist: Angeln. Bei Ausfalltagen aber auch Kultur. Zumindest für die, die sie mögen und von Tofteroy aus angeln, denn von dort sind es nur 40 Autominuten nach Bergen.
Die Hafenstadt mit nordischem Flair hat weit mehr zu bieten, als ihren Ruf, mit 248 Tagen Regen im Jahr, die nasseste Stadt Europas zu sein:
Sicht auf Bergen
Während meines Besuchs hatte das Fischereimuseum zwar wegen Umbaus leider geschlossen. Sehenswert und beeindruckend war stattdessen das am Hafen im Viertel „Bryggen“ gelegene Hanseatische Museum. Dort wird die Geschichte der seefahrenden Händler deutlich, die ab dem frühen 12. Jahrhundert im Tausch gegen Getreide Stockfisch von Bergen nach Lübeck und andere Hansestädte importierten.
Die Hanseaten hatten über die Zeit ein komplexes System für die Bewertung der Stockfisch-Qualitäten entwickelt: Im 18. Jahrhundert gab es zuletzt 23 verschiedene Qualitätsklassen für Dorsch, sechs für Lumb und zwei für Köhler. Gefangen wurden die Dorsche auf den Lofoten von Januar bis April. Die jeweils 3 bis 5 Mann in einem Boot brachten es im Durchschnitt auf 750 Dorsche. Der dann getrocknete Stockfisch wurde in „väg“ (für Waage) von je 18 kg gewogen. In gewöhnlichen Jahren wurden von den Hanse-Koggen ungefähr 300.000 väg oder 5,4 Millionen Kilogramm Stockfisch exportiert.
Das alte, hölzerne Museumsgebäude ist das ehemalige Kontor der Händler. Es zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO und gibt mit seinen kleinen Stuben einen Einblick in das damalige Leben. Dunkel, kalt und zugig muss es gewesen sein: Aus Angst vor Feuer waren Kerzen oder Öllampen streng verboten und geschlafen wurde wegen der Kälte in Schrankbetten, deren Türen von innen geschlossen wurden, um die (vom Körper produzierte) Wärme darin zu halten.
Heller war nur die sogenannte äußere Stube, in der im Sommer gegessen und diverse Gerätschaften aufbewahrt wurden. Sie hatte ein Fenster und an ihrer Decke baumelte die Mumie eines Dorsches mit einem besonders großen Kopf: Die Lofotenfischer schenkten diese sogenannten Königsdorsche den Händlern als „Glücksbringer“.
Vielleicht war mein erster großer und zurückgesetzter Dorsch auch so ein Glücksbringer: Wir fingen immer gut Fisch. Nach dem Tag in Bergen stürmte es mit bis zu 20 Knoten zwar noch so sehr, das an eine Fahrt ins Offene nicht zu denken war. In einer etwas ruhigeren zweistündigen Phase, die „www.yr.nor“ richtig vorausgesagt hatte, trauten wir uns aber an den Ausgang unseres Hausfords hinter eine geschützte Felswand und fanden dort im Kehrwasser Makrelen satt.
Fast jeder Zug mit drei großen Dorschfliegen und einem Pilker brachte „Full House“. In einer halben Stunde füllten wir so eine schwarze Wanne – und hatten dann drei Stunden Arbeit, um den Großteil der überaus schönen Fische zu filetieren. Makrelen ziehen im Juni/Juli unter die Küste und bleiben bis Ende August.
Und wenn wir schon beim Gerät sind: Makrelen beißen auf alles, klar. Bei den Dorschen kam es aber darauf an, ob es „graue“ oder „braune“ waren. Grau, das sind die Fische des offenen Wassers. Vor Tofteroy sind sie im Juni-Juli eher selten. Wer trotzdem auf sie aus ist, sucht im Sommer am besten ein großen Schwarm kleiner Seelachse und fischt dort mit einer Überbeißmontage.
Einen unserer großen Dorsche sowie einige kleinere und einen Pollack fing ich mit dem Slow Blatt Jig. Zum intensiven Testen waren wir aber zur falschen Jahreszeit dort.
Beste Zeit für viele und auch größere Dorsche von durchschnittlich 5-8 kg und bis zu 13 kg bei einzelnen Exemplaren ist Magne zufolge die ausklingende Laichzeit Ende März bis Mitte April. Dann sind auch Heringe da.
Erfreulich erfolgreich waren neben dem Slow Blatt vor allem die Inchiku und Kabura beim Angeln auf die „braunen“, die standorttreuen und deshalb ganzjährig vorhandenen Tangdorsche. Mit Fischfetzen garnierte Inchiku und Kabura wurden für unsere Anfängerin Carmen schnell zu Favoriten: Sie hatte damit mehr Hänger in Fischmäulern als am Grund mit Pilker und fing selbst noch Dorsch, wenn bei uns schon nichts mehr ging. Inchikus und Kaburas werden künftig einen Stammplatz in meiner Tacklebox bekommen.
Für Tangdorsch und Pollack ist meiner Meinung nach ein kleiner Gummifisch in schwarz, pink, schmutzig-grün, oder krabbenorange aber noch immer ein hervorragendes Mittel der Wahl. (Größere Shads mit über 12 cm brachten uns selbst in „Köhler-Farbe“ KEINEN Biss, Pilker übrigens auch nicht).
Wir fischten die Gummis an Jighaken von 28 bis 60 Gramm sowie 12er Geflochtener und Sportex-Ruten: Ich hatte eine (für die 60er Köpfe zu leichte) Carat Z mit einem WG von 35 Gramm. Simon und Carmen fischten die „STYX.B“, 2,40 m lang und mit einem WG von 28-55 g.
Diese Rute ist leicht und schnell. Ihre sensible Spitze zeigt den zarten Zug eines Pollack-Bisses ebenso an, wie die Schnurentlastung eines Fisches, der, den Köder längst im Maul, einfach in Zugrichtung mit schwimmt. Nach dem Anhieb, den sowohl die Carat Z als auch die STYX in gewohnter Sportex-Manier durchbringen, dauerte es dann oftmals erstaunlich lange, bis die Pollacks bemerkten, dass die „Sache einen Haken hat“ und durchstarteten. Den Drill meines größten Pollacks mit knapp 8 kg meistere die Carat Z mit Bravour.
Simon hatte als Universalpilke die vierteilige Shimano YASEI STC MONSTER zum Testen dabei. Die 2,4 m lange Reiserute mit einem Wurfgewicht von 28-110 g bestand auch unseren Härtetest: Full-House“-Makrelenheben. Selbst vier Fische plus Endpilker zuletzt im spitzen Winkel ins Boot gehoben brachten Rutenspitze oder Steckverbindungen nicht in Verlegenheit.
Seelachse mit etwa 40 cm fingen wir an unseren „Dorsch-System“-Paternostern von Aquantic/Sänger. Die Vorfächer haben drei „Real-Skin“-Haken der Größe 6/0 an einer 0,90er Schnur und waren für 1,80 Euro das Stück auch beim Makrelenheben eine günstige Universalwaffe.
Die kleinen Seelachse schmecken mir am besten. Wer größere Seelachse ab 3-5 kg will, muss sich vor Tofteroy bis September gedulden. Dann ist auch beste Zeit für längere Leng in der Klasse von 15-20 kg und Lumb mit 5-8 kg. Wir fingen nur einen kürzeren Leng, dafür reichlich Lumb. Haken der Wahl für die Fetzenköder waren 12/0er Gummi-Mak. Nicht wegen besonderer Reize. Nur deshalb, weil sich die langschenkligen Haken gut packen und aus den Fischmäulern rausdrehen lassen.
Fazit: Veranstalter Michael Teltows Ansage „Wenig Großfisch“, stimmt mit Ausnahmen: Gute Dorsche ziehen mit den Seelachsen mit und können durchaus gefangen werden. Zudem bieten größere Pollacks an passendem Gerät jede Menge Spaß. Entspannt mit freien Tagen und ohne Nachtfischen fingen wir deshalb genug Fisch für ein ganzes Jahr.
Und, nicht zu unterschätzen für den Fangerfolg: Magnes Boot ist das sicherste und seegängigste, das ich in Norge je gesehen habe. Der 6,4 m lange, und eien Tonne schwere unsinkbare Aluminium-„Jeep“ wurde als Einsatzboot für Norwegens Bohrinseln designt und ist mit seinem 70 PS-Motor nicht nur über 20 Knoten schnell; bei vernünftiger Fahrweise ist es auch erstaunlich sparsam im Verbrauch. Wir kamen in 10 Angeltagen mit 8 Kanistern (zu 25 Liter) aus.
Nun ruhen viele der Fische in meiner Tiefkühltruhe. Gut so. Ich freu mich schon darauf, verschiedenste neue Rezepte auszuprobieren. Denn, so schreibt Manuel Vásquez Montalbán:
„Sind Küche und Gastronomie bereits die Alibis des Verbrechens gegenüber allem Lebenden, so brauchen wir nur noch zu fordern, dass das Verbrechen Fülle schaffe; das heißt, dass wir im Gegensatz zu den Barbaren, die den erschlagenen Feind in Stücke hacken und in eine kläglichen Hamburger verwandeln, aus dem Tod, den wir verursachen, ein herrliches Bild von Schönheit und Opulenz schaffen.“