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Tuna switchen – nicht nur vor Kroatien
Vor Kroatien wird die Methode angewandt, um Blauflossenthune mit 30-60 kg an der Spinnrute zu fangen. Schwere Bootsruten und der Kampfstuhl kommen dann nur bei deutlich größeren Fischen zum Einsatz. Doch vor dem Spaß kommt zunächst die Arbeit und die heißt: Anfüttern und Duftspuren mit Fischbrei legen.
Frische Sardinen (oder Ährenfische) voller Öl sind erste Wahl. Zumeist wird dem Jüngsten an Bord die Aufgabe des Fische Schnippelns übertragen. Dazu angefüttert wird der Ärmste mit gebührendem Ernst in der Stimme – und vor allem dem Hinweis, dass seine Arbeit überaus verantwortungsvoll, weil die Basis allen Erfolgs!
Sind aber alles gute Freunde, lösen sie sich ohne viel Gehabe beim Anfüttern ab. Maschinen erleichtern das: Etwa elektrische Mühlen, die Sardinen vermusen und ins Wasser dröppeln lassen oder ein sogenannter Sardomat, der per Förderband und einzustellenden Zeitintervallen Fischstückchen über Bord plumpsen lässt. Der Erfolg dieser Geduld und einen festen Magen erfordernden Tätigkeit ist dann (mit Glück) zunächst auf dem Fishfinder mit einem fetten roten Punkt zu sehen: Thune sind unter dem Boot angekommen und lassen sich mit Sardinenstückchen bis ans Boot locken.
Die ewig hungrigen Fische werden durch das Füttern so zutraulich/gierig, dass sie bald in Streichelnähe am Boot entlangkreuzen. Damit bleibt alle Zeit der Welt, das für sie passende Gerät auszuwählen und die letzte, hakenbwehrte Sardine über Bord gehen zu lassen. Wie viel Zeit das ist, das zeigt die erstaunliche Videosequenz, die Angler „Blueeye“ vor Jezera gelang.
Rute und Rolle
Nun also ist der Bluefin gehakt, doch an welchem Gerät?
Grundsätzlich gilt: Die Rute muss so viel Rückgrat haben, dass sie im Drill einen Fisch auch drehen kann. Zugleich soll sie aber mit dem oberen Drittel der Schnur zuliebe Lastspitzen abfedern. Die Stationärrolle muss ein stabil gelagertes Getriebe (Crosswind Gear) aufweisen und ein Bremssystem, das eine Einstellung von 15-20 kg dauerhaft übersteht.
Skipper Georg Blänich vertritt die These, dass Teures meist gut ist, Gutes aber nicht immer teuer sein muss. Und da er von SPRO/Gamakatsu gesponsert wird, hat er genügend Material zum Testen und Probieren:
Die Rute, mit der er auf Thune switcht, ist eine Gamakatsu „Jig One Z 5126S“. Laut Werbung „entworfen für das Speed-Jiggen in tiefen Gewässern“. Doch dazu ist die zweiteilige Rute wegen ihrer Länge von 1,96 m nur bedingt geeignet. Für das Switchen mit Sardinen auf Thun dagegen schon.
Perfektionisten wie Jörg-Dieter Haselhorst sägen zuvor aber noch den Plastik-Kreuzschlitz ab und ersetzen ihn durch einen Aluminium-Gimbal (gibt es für 8 Euro im Rutenbau), der mit 2-Komponenten-Kleber auf das Griffende geklebt wird. Dieser Austausch ist wegen der Kräfte, die im Drill unten am Rutenfuß ankommen, durchaus sinnvoll.
Und nun zur Rolle, die Georg im SPRO-Arsenal entdeckt hat: Die „Powerdrive 880“ fristet bislang werbetechnisch eher einen Dornröschenschlaf, doch das könnte sich nun ändern: Georgs Kunden haben an der Rollen bis Anfang Juni 5 dicke Thune gefangen. Die fünf CFK-Scheiben der Bremse, (Georg spricht von bis zu 20 kg. Jörg-Dieter sagt: „Mit der Hand kann man die 0.40-er Schnur nicht mehr abziehen) haben das alles ohne Problem überstanden.
Und auch das Getriebe: Unser Rollendoktor Wolli hat bei einem Blick auf die Schematics und Detailfotos festgestellt, dass das sogenannte Crosswind-Gear, das im Drill die größten Belastungen aufnehmen muss, in einer soliden Buchse gelagert ist.
Alles in allem macht die Rolle auf Wolli einen stabilen Eindruck. Und lobend erwähnt der Rollendoktor all die Dichtungen gegen Eindringen von Seewasser: über und unter der Rotormutter, unter der Spule, über der Rücklaufsperre und eine umlaufende Gehäusedichtung. („Die hat Shimano erst ab den 2013er Modellen. Darum sind die Shimano-Rollen wohl so teuer geworden. Meine freie Meinung“, schrieb er uns.)
Wolli verweist aber auch darauf, dass die Rolle (die firmenintern wegen ihrer soliden Bauteile als „Eisenschwein“ bezeichnet wird) mit einem Gewicht von 914 Gramm rund 100 Gramm schwerer ist als eine Stella 20.000. Doch das spielt beim Tuna-Switchen ja nur eine untergeordnet Rolle. Viel bedeutsamer ist ihre Übersetzung von nur 4,1:1, die den Angler beim Drill der Kraftpakete damit deutlich besser unterstützt, als etwa die „schnelle“ Daiwa Dogfight. Wichtig ist aber auch ihr großes Fassungsvermögen: 520 Meter 0,35-er Schnur passen auf die Powerdrive 880.
Was die Rolle wirklich abkann, werden wir im Oktober erfahren. Dann ist die Saison vor Jezera zu Ende und Skipper Georg Blänich wird dem Rollendoktor die Powerdrive zur „Vivisektion“ überlassen.
Terminaltackle
Für die Augenjäger im klaren Adria-Wasser ist High-End beim Vorfachmaterial angesagt: Fluorocarbon mit einem Durchmesser von 0,9 mm (und an manchen Tagen nur 0,8 mm Die Firma Seaguar des japanischen Mutterhauses entwickelt Fluorocarabon seit 1966 (!) und ist und bleibt wegen dessen Weichheit und Tragkraft derzeit das Maß aller Dinge. Eines der Seaguar-Produkte heißt auf dem internationalen Markt „Ace“ und wird in den USA mit dem Markennamen „Red Label“ verkauft. Hierzulande führt nun der Online-Händler www.tackle24.de eine Hausmarke namens „Tackle24 Ace Fluorocarbon“. Sie kommt laut Beschreibung nicht nur von einem „japanischen Top-Hersteller“. Sie weist auch – bestimmt ganz zufällig – jenen leichten Chamois-Ton auf, der typisch ist für Seaguar und hat auch die identischen Abmessungen.
Mit dem Material wurde bislang sehr gut vor Kroatien gefangen. Doch weil das Bessere schon stets der Feind des Guten war, hat nun Seaguar noch eins draufgesetzt: Ihr neuestes Material heißt „Fluoro Premier Big Game“ ist weicher und trotzdem quetschhülsenfester als alles andere; zudem hat es mit 100 lb bei 0,91 mm Durchmesser auch die höchste Tragkraft.
Referenz bei den Haken zum Thuanangeln vor Kroatien ist der Owner Offshore 5129 in den Größen 6/0 oder 7/0 (oder der Super Mutu, wenn mit Circle Hook gefischt wird). Der sparsame Georg hat nun einen deutlich kostengünstigeren Haken entdeckt: den Gamakatsu LS-4123.
Wie das Vergleichsbild oben zeigt, ist der Bogen des Owner-Hakens (links) etwas tiefer als der des Gamakatsu. Wichtiger ist aber, dass beide Haken starkdrähtig sind. Das Fluorocarbon knickt deshalb daran nicht zu sehr ab, die sogenannten Kerbkräfte sind klein: das Vorfach behält seine Tragkraft. Vorfach und Haken werden durch eine kleine doppelte Quetschhülse miteinander verbunden. Dies hält sicherer und trägt nicht so sehr auf, wie ein Knoten.
Die Kerbkräfte treten vor allem am anderen Ende des Vorfachs, der Öse, auf, wenn im Drill ein dünndrähtiger Wirbel ins Fluorocarbon schneidet. Um das zu verhindern, gibt es sogenannte Loop Protecors: Spiralen aus Edelstahldraht, die die Zuggkräfte des Fisches auf eine größere Fläche verteilen. Diese Pfennigartikel müssen nicht im Ausland bestellt werden. Spro führt sie unter dem Namen Spring Protector und einem Durchmesser von 1,2 mm.
Mit solch einer Ausrüstung, sowie mit Können und Schweiß hat dann Johann Bauernhofer den 40-kg-Thun auf Georgs neuem Boot gefangen. Respekt!