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Schwerfisch-Raubbau: ICCAT macht Nägel ohne Köpfe

erstellt am: 27.11.2016 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Umwelt

Die ICCAT sah sich auf Druck der EU nun genötigt ein „Program für die Erholung der Schwertfischbestände“ aufzulegen. Die ICCAT-Beschlüsse, die nach einer Konferenz in Valamura /Portugal am vergangenen Monat (21.11.) verkündet wurden, sind der klassische faule ICCAT-Kompromiss, der keiner Fangnation weh tun soll. – Ich habe mir das Dokument (Doc. No. PA4-810E/2016) vom 21. November besorgt. Es ist voller Nägel ohne Köpfe:
Von Jürgen Oeder
Die Schwertfisch-Bestände im Mittelmeer stehen vor dem Kollaps. Hemmungslos und unkontrolliert werden Schwertfische seit Jahrzehnten bejagt. Die Fänge sind in den letzten zwanzig Jahren um die Hälfte eingebrochen und es werden zu viele Jungtiere gefangen, bevor sie sich überhaupt vermehren und zum Arterhalt beitragen konnten.
Selbst der Wissenschaftliche Rat der ICCAT (Zusammenschluss von 48 Fangnationen) warnt mittlerweile, dass 70 % (!) aller gefangenen Schwertfische Jungfische im Alter von 0-3 Jahren sind! Zudem liegt die Biomasse aller laichfähigen Fische um 88 % unter dem Wert, der für eine Erhaltung der Bestände nötig wäre. 

© OCEANA
Für 2015 wurden 10.068 Tonnen gefangener Schwertfisch dokumentiert. Die EU-Flotte zieht drei Viertel des gesamten Fangs aus dem Mittelmeer, dabei melden Italien, Spanien und Griechenland die höchsten Fangmengen.
Die ICCAT sah sich auf Druck der EU nun genötigt ein „Program für die Erholung der Schwertfischbestände“  aufzulegen. Die ICCAT-Beschlüsse, die nach einer Konferenz in Valamura /Portugal am vergangenen Monat (21.11.) verkündet wurden, sind der klassische faule ICCAT-Kompromiss, der keiner Fangnation weh tun soll.  – Ich habe mir das Dokument (Doc. No. PA4-810E/2016)  vom  21. November besorgt. Es ist voller Nägel ohne Köpfe:
Beschlossen wurde nun eine Höchstfangmenge von 10.500 Tonnen Schwertfisch für das kommende Jahr. Diese Menge liegt deutlich ÜBER den 10.068 Tonnen die 2015 gemeldet wurden. (Also erst noch einmal für alle Abhängigen ein weiterer Schluck aus der Pulle!)  – Danach soll die Höchstfangmenge in fünf Jahren um 15 % sinken. 2018 soll sie bei 10.185 Tonnen liegen (und damit noch immer über dem  Ergebnis von 2015!!!) und dann langsam bis auf 8.925 Tonnen im Jahr 2022 absinken.  Damit ignoriert die ICCAT den Rat ihrer eigenen Wissenschaftler: Sie hatten dringend empfohlen, die Höchstfangmengen „sofort substanziell“ zu reduzieren.
 
Und nun wird es wirklich erschreckend: Unter den Randnummern 14-17 werden die künftigen Schonmaße geregelt. Dort heißt es wörtlich: „Mit dem Ziel kleine Schwertfische zu schützen, sollen die Mitgliedstaaten verbieten, dass Schwertfische gefangen und verkauft werden, die kleiner als 100 cm sind (gemessen von der Spitze des Unterkiefers bis zur Schwanzwurzel), oder weniger als 12 kg (Lebendgewicht) wiegen.
Geschützt wird damit nur der Profit der industriellen Fischerei. 100 cm lange Schwertfische sind noch weit entfernt davon, geschlechtsreif und vermehrungsfähig zu sein!
Nicht einschätzen kann ich folgende Beschränkungen für Longliner:
Die Hakenschenkel müssen mindestens 7 cm lang sein. Es dürfen maximal nur 2500 Haken je Langleine gelegt werden. Zudem gilt ein Fangverbot von drei Monaten im Jahr: entweder vom 1. Januar bis Ende März, oder Oktober-November und weitere 4 Wochen zwischen Mitte Februar und Ende März.  Für Longliner, die auf Albacore (Weißer Thun) fischen,  gilt ein Auslaufverbot vom 1. Oktober- Ende November.
Für Hobbyangler gilt:
Sie müssen eine spezielle, ans Boot gebundene Lizenz haben, um Schwertfisch entnehmen zu dürfen. 
Das Boot, seine technischen Daten, der Skipper mit Name und Adresse muss der ICCAT  gemeldet werden.  Es darf nur ein Schwertfisch pro Tag und Boot gefangen werden. Der Fang muss der ICCAT gemeldet werden. Hobbyangler sollen zum strikten Releasen der Fische angehalten werden.

© OCEANA
Nach Vergleichsstudien der Umweltschutzorganisation OCEANA  zu nationalen Handelsstatistiken und gemeldeten Fängen muss der Schwarzmarkt mit Schwertfisch rund ums Mittelmeer erschreckende Ausmaße haben: Allein um seinen nationalen Bedarf zu decken, müsste Italien vier Mal mehr (16,363 Tonnen) Schwertfisch  importieren, als es selbst fängt.
Italien ist deshalb abhängig von Einfuhren aus Spanien:  Spanien exportiert seit 2007 rund 8300 Tonnen Schwertfisch nach Italien. Es sei aber „unklar, woher dieser Fisch kam, bevor er in Spanien angelandet wurde“, heißt es in dem Oceana-Bericht.  Klart ist, das Spanien  38% seiner Import an frischem Schwertfisch aus Marokko bezieht.
Ob Marokko diese Fische im Atlantik oder Mittelmeer gefangen hat, ist wiederum unklar. Klar ist aber, dass Marokko zwischen 2007 und 2011  im Durchschnitt 185 Tonnen mehr Schwertfisch exportiert  als offiziell gefangen hat.
Was dieses Zahlen belegen: Es wird unter den ICCAT-Nationen ein Hauen und Stechen bei der Quotenverteilung geben. Die industrielle Fischerei wird alles tun, um Monitoring-Programme zur Registrierung und Rückverfolgung ihrer Fänge auszubremsen. Und Mittelmeerschwertfisch,  der bis zu 24.- Euro pro Kilogramm bringen kann, wird weiterhin massiv von Schwarzfischern gejagt werden.
Was wir tun können? Im Urlaub am Mittelmeer einfach keinen Schwertfisch mehr essen – und hoffen, dass es dem Broadbill irgendwann wieder so gut geht, wie dem Blauflossenthun heute.