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Obrigado Cabo Verde

erstellt am: 11.07.2016 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Kap Verde, Reiseziele

Die Konkurrenzsituation der rund 30 Boote vor den Kapverden führt doch zu seltsamen Begebenheiten: Boote fahren so nah beieinander, dass wir erlebten, wie sich zwei an der Leine befindliche, von zwei Booten gedrillte Marline kreuzten und eine Schnur abbrannte!
Von Jürgen Springer
 12 Jahre nachdem wir Gast bei Peter Döbler in Mindelo waren, sind mein alter Big Game Kumpel Jürgen Stegherrund ich letztes und dieses Jahr wieder auf die Kapverden zurückgekehrt. Der Grund: Auf den Azoren hatten uns die Kapitäne Olaf und Marty uns von vielen Neuerungen erzählt und uns zu diesem Schritt animiert.
Ja es stimmt: Es hat sich doch einiges getan seit den alten Döbler-Tagen, an denen man noch teilweise mit dem Beiboot zur guten alten BEBICHE gefahren wurde. Den Anfang macht der internationale Flughafen in Mindelo. Nun muss man nicht mehr in Sal landet und dann in seltsamen Zeitrastern nach Mindelo hüpfen. Die Flüge München – Lissabon und von dort nach Sao Vincente mit der TAP sind problemlos und nach ca. 7 Stunden ist man vor Ort. Inzwischen ist auch die Unterbringung vollkommen problemlos, es gibt eine gute Auswahl von Hotels, Restaurants, etc.
Was natürlich viel interessanter ist, ist die Fischerei. Im Hafen gibt es inzwischen nicht nur eine Marina,sondern sogar zwei mit insgesamt etwa 30 Booten – die einander reichlich Konkurrenz machen. Und das merkt man (dazu später mehr).

Die Fischerei ist inzwischen aber noch besser als früher. Durch die Konkurrenz sind verschiedene Fangtechniken, unterschiedliche Zielfischangebote und die Suche nach alternativen Revieren angekommen, alles was hilft um die Fischerei noch interessanter zu machen – wenn man will. Früher zog man 4 Lures mit Haken hinter sich her, das war’s. Man fing im Schnitt pro Tag einen Marlin in der 200-400 lbs Klasse. Heute fischt man teils noch so, teils mit Pitch andBait oder vielleicht mal power jiggend auf andere Meeresbewohner. Je nach Woche bewegen sich die Fänge dann bei eher 1-2 Fischen pro Tag – und das obwohl im Vergleich zu früher die 10-15 fache Anzahl von Booten unterwegs ist.
Wir hatten dieses Jahr zwei Boote und konnten sie uns durch einen Ausfall zu dritt teilen. Um es vorweg zu nehmen, wir fingen 21 Marline bei 12 Angeltagen, die Größe lag bei 200 – 750 lbs.
Der Auftakt war allerdings kurios: Als wir ankamen hatte es rund um Sao Vincente „grünes Wasser“ – das hatten wir so auch noch nicht erlebt. Nach eingehenden Diskussionen wurde beschlossen, am nächsten Morgen auszuchecken und die 50 sm nach San Nicolao zu fahren. Es waren schon Boote, blaues Wasser und Marline dort, allerdings war für die nächsten Tage Sturm vorhergesagt. Jeder der mal auf den Kapverden war und die Hölle von Mindelo (so nennt man gerne mal die Hafeneinfahrt von Mindelo), sprich einmal Schleudergang in der Waschmaschine, erlebt hat, weiß was es heißt, wenn man dort von Sturm spricht.

Die Überfahrt war noch ruhig und ich fing im Windschatten der Insel meinen ersten Marlin 2016. Am Abend traf man sich in Tarafal, einem kleinen Hafenstädtchen am Ende der Welt, mit 6 anderen Bootsbesatzungen im Hotel nahe des Hafen, Unterbringung und Verpflegung waren einwandfrei und  in der Bar gegenüber konnten wir die ersten Spiele der EM verfolgen! In den nächsten drei Tagen fischten wir im Windschatten der Insel, wobei auch dort jeder Drill mit einer Volldusche gleichzusetzen war, das stürmische Wetter hatte es in sich.
Amzweiten Tag hatte ich die LAONDA MILA für mich und wir hatten Kontakt mit 5 Marlinen. Die 4 kleineren konnte ich fangen, der Größere hängte sich wieder aus. Jürgen und Olaf auf der LA ONDA ANDROMEDA hatten weniger Glück, was sich am nächsten Tag allerdings wieder änderte. Als ich mit Jürgen das Bootteilte, hatten wir auch dort 4 Fische in den üblichen Dimensionen.
Erwähnenswert war noch ein Ereignis vom Vortag. Fünf Hunsrücker Jungs sind mit uns zu ihrem ersten Big Game Trip aufgebrochen und teilten sich ein Boot (!). Am ersten Tag hatten sie nur einen Kontakt, aber am zweiten rappelte es. Ca. um 13 Uhr bekamen sie einen Biss von einem „Monster“. Nach den ersten drei Stunden Drill gab der erste Angler die Rute ab und der zweite Kollege versucht sich nochmals 2,5 Stunden. Danach gelang es eine zweite Angel am Wirbel einzuklinken und man versuchte dann zu zweit nochmals 1 Stunde den Fisch hochzubekommen, mit dem Ergebnis das nach 6,5 Stunden sich der Haken löst und der Fisch von dannen zog. Ob es nun ein Grander oder nur ein 800 lbs Fisch war bleibt das große Geheimnis.

Viel sprach dafür, dass der Fisch „faul hooked“ war, sonst wäre wohl der Haken nicht solo zurückgekommen. Wenn dem so war, könnte auch ein „kleinerer“ Fisch durchaus so einen Trouble verursachen – wenn nicht, war es wohl die Big Mama und die Legenden werden weiter leben! Egal, die Jungs fingen bei 5 Angeltagen auch 10 Fische und hatte noch jede Mangen spaß beim Power Jiggen – für einen ersten Big Game Trip mehr als man sich je erhoffen und erträumen könnte.
Zurück zu uns: Nachdem das Wetter wieder besser und blaues Wasser vor Sao Vincente gesichtet wurde, machten wir uns wieder auf den Heimweg. In der Tat konnten wir dann dort auch weiter Fische fangen und Olaf durfte sich auch noch 2 Stunden mit einen 750er messen, ein harter Fight, keine Frage!

Also, am Ende standen erfolgreiche Tage und einige neue Erkenntnisse.
1. Die Kapverden sind ein phantastisches Revier, trotz der hohen Frequenz kann man mit sichern Fängen rechnen.
2. Die Konkurrenzsituation der Boote führt doch zu seltsamen Begebenheiten. Trotz der Größe des Atlantiks fahren dann die Boote so nah beieinander, dass wir erlebten wie sich zwei an der Leine befindliche, von zwei Booten gedrillte Marline kreuzten und eine Schnur abbrannte! Desweitern gab es wüste Diskussionen unter Kapitänen die sich durch knappes aneinander vorbeifahren die Marline „gestohlen“ haben wollen – ein Marlin war wohl hinter den Ködern des einen Bootes und wechselte dann zum anderen, dass gerade vorbeikam und biss dort (?!?). Mag sich jeder seine Gedanken darüber machen – ich hab mir meine auch gemacht!

3. Man bekommt das Gefühl vermittelt, das man als Angler, der die ganze Sache finanziert, doch nur der Erfüllungsgehilfe der Kapitäne ist. Es ist wohl für einige der Jungs extrem wichtig, mit welchem Schnitt und mit welcher Gesamtzahl man am Ende der Saison daherkommt. Keine Ahnung, ob das eher eine Sache des Egos ist oder ob es wirtschaftlich begründbar ist (Buchungen),so zu handeln. Ich muss mir allerdings überlegen, unter welchen Bedingungen ich zukünftig ein Boot chartere und was ich vorab klären werde!
Leute, trotz allem Spaß und aller Freude glaube ich,  es wird auch hier Zeit sich mal ein paar kritische Gedanken zu machen, wie wir mit der Big Gamerei weiter machen. So phantastisch die Sache ist, so sehr sollten wir uns doch überlegen, wie wir hier zukünftig verfahren wollen. Wir, heißt die Besitzer, die Kapitäne und die Angler – wir müssen uns meiner Meinung nach fragen nach der richtigen Angel- und Drillmethode, nach Sinn und Unsinn von Markierungsprogrammen und nach dem Bild das wir nach außen abgeben machen. Sollte das nicht geschehen, wird es uns auf den Meeren bald ähnlich ergehen wie in der Fischerei in Deutschland– ich denke das muss ich nicht weiter erläutern.
Tightlines, Jürgen