Kategorien

Produkte

Mit Frau Maggi und Herrn Knorr in Træna

erstellt am: 11.08.2017 | von: Jürgen Oeder | Kategorie(n): Norwegen, Reiseziele

Am nächsten Tag müssen wir dann erkennen, dass uns die Heilbutt-Trauben auch in einem nahezu perfekten Revier nicht in den Mund wachsen und so schaut außer Dorschen nicht viel auf eine Stippvisite an Bord vorbei. Nur beim Heilbutt-Schleppen steigt als..
Von Peter Ebsen
 
Die TrænaArcticFishing Lodge ist das neue Offshore Reiseziel bei DinTur. Rund 50 km vor dem norwegischen Festland gelegen, bietet Traena fast jungfräuliches Angeln auf dem Polarkreis. Schon die Seekarte lässt erahnen, dass dort, auf einem Vorsprung des Festlandsockels, eine fantastische Fischerei möglich sein müsste. Im Mai 2017 eröffnet, sind wir Anfang Juni mit die Ersten, die dieses faszinierende Fleckchen Erde befischen dürfen.
Die Anreise ist lang und beschwerlich, aber machbar. Ab Hamburg sind bis Bodo 3 Flüge nötig und dann kommen noch mit umsteigen 6 ½ h Fährzeit dazu.

Aber das Wetter zeigt sich von seiner schönsten Seite und so ist der Flug über und die Fahrt entlang der norwegischen Küste voller beindruckender Aussichten. Als dann endlich die Silhouette von Træna in Gegenlicht der arktischen Abendsonne auftaucht, sind wir schon froh, dass das Ziel nun in greifbarer Nähe liegt.
Merethe, die freundliche Hausbetreuerin, holt uns pünktlich an der Fähre ab und bringt uns die letzten 500 m bis zu unserem Appartement, wo wir dann nur noch in die Betten fallen.
An dieser Stelle möchte ich mal eine Kleinigkeit mit großer Wirkung lobend erwähnen, die wir bisher aus Norwegen nicht kannten: Die Fenster können mit Rollos hervorragend abgedunkelt werden, so dass einer erholsamen Nachtruhe nichts entgegensteht. Wir sind ja nicht mehr ganz so taufrisch, da ändern sich halt die Prioritäten…

Voller Euphorie sind wir am nächsten Morgen zeitig auf den Beinen und schon vor dem Frühstück werden die Xzogas, die Hardys und das Ultraleichtgeschirr für die abendlichen Küchendorsche fangbereit gemacht und um 9 Uhr tuckern wir schon langsam den Selværsundet entlang, den Heilbutts entgegen. Nur 5 Minuten später senken sich unsere Gummis zum ersten Mal in diesem Jahr in die azurblauen Fluten des Nordatlantiks.
Nachdem wir in den letzten Jahren die Vorzüge der Heilbutt-Angelei kennen gelernt hatten, ist dieser unser bevorzugter Zielfisch geworden. Als Flugreisende haben wir nur sehr begrenzte Möglichkeiten Filets mitzunehmen, so dass wir darauf angewiesen sind, Fische, die wir nicht verwerten wollen, unbeschadet wieder releasen zu können. Da der Heilbutt keine Schwimmblase hat – bekanntermaßen bildet sich die im Jungfischstadium schon zurück –  ist der Heilbutt neben dem Dorsch für C&R am ehesten geeignet. Bei allen anderen Fischarten wird das deutlich schwieriger – alles, was tiefer als 20 m schwimmt, hat damit schon signifikante Probleme.
Unsere großen Gummifische finden bei der ruhigen vertikalen Driftangelei auf Heilbutt auch schnell begeisterte Abnehmer. Schöne Dorsche bis 5, 6 kg holen sich die Shads aus dem Mittelwasser. Bisse,  die wir nicht verwandeln können, werden – der Fantasie sei Dank – dem Heilbutt zugesprochen,  dass wir das Gefühl haben im gelobten Buttland zu fischen. So sind wir dann auch nicht überrascht, als Rainer am frühen Nachmittag den ersten Fisch hakt, der dem Zug der Rute nicht willig nach oben folgt.

Immer wieder toll, wenn ein Butt in die Bremse geht und die Spitze der 12er Xzoga TAKA-G auf die Wasseroberfläche tippen lässt. Der Fisch ist gut gehakt und nach ein paar Minuten können wir unseren ersten Butt der Saison 2017 in die Kamera halten. Ein paar Fotos unter dem blauen Himmel Nordnorwegens und er darf wieder schwimmen. Wir sehen uns dann in ein paar Jahren, mein Freund…
Nun schnell noch ein paar Küchendorsche für das Abendessen verhaftet. Es geht doch nix über Dorschfilet im Bierteig mit Rosmarinkartoffeln, Knoblauchdip und Gurkensalat. Unsere besten Freunde sind dann Frau Maggi, Herr Knorr und natürlich Matthias Hoff vom   Fischgewürze-Versand. Da kriegen sogar wir Stümper am Herd ein schmackhaftes Abendessen hin.
Am nächsten Tag müssen wir dann erkennen, dass uns die Heilbutt-Trauben auch in einem nahezu perfekten Revier nicht in den Mund wachsen und so schaut außer Dorschen nicht viel auf eine Stippvisite an Bord vorbei. Nur beim Heilbutt-Schleppen steigt als Beifang noch ein kleiner Leng ein.
Die Dorsche sind schon schön. Die Drift entlang eines 10 bis 15 m tiefen Rückens beschert uns schöne rote Tangdorsche bis 80 cm – mit den Ultraleichtruten (umgebaute Fliegenruten bzw. Spinnruten mit 10 – 30 g WG), 10er Geflochtene und kleinen Kopytos macht das richtig Laune. Da kann es schon mal ein paar Minuten dauern, bis man so einen 3, 4 kg Fisch vom Grund gelöst bekommt.

Abends Kriegsrat – Wo sollen wir am nächsten Tag angreifen? Wir entscheiden uns für den großen Flachbereich vor unserer Insel, direkt angrenzend an den tiefen Fjord Richtung Festland. Flachbereich bedeutet in diesem Fall um und bei 10 bis 15 m. Wir haben auch mehrere Bisse von denen wir glauben, das könnten Heilbutts gewesen sein, aber da war sicherlich öfter der Wunsch Vater des Gedankens. Hängen geblieben sind nur kleine Dorsche. Nach und nach fischen wir uns zur Fjordkante vor, als dann doch etwas Kräftigeres bei mir einsteigt. Nach ein paar kurzen Fluchten hievt Rainer einen 82er Heilbutt für mich über die Reling – na siehste, geht doch. Den schicken wir dann auch gleich mal in den Winterschlaf.

Die Drift geht weiter über einen Unterwasserberg auf eine Nase, die sich in den Fjord hinein zieht. Auf dieser Nase stehen Unmengen von Fisch. Da muss doch was Größeres zwischen stehen. Jau, tut es auch. Ein schöner Heilbutt ist eingestiegen und lässt meinen Adrenalinpegel wieder mächtig ansteigen. Nach ein paar Erinnerungsfotos darf er aber wieder schwimmen. Wir setzen neu an. Nach wie vor überschlägt sich das Echolot. Die Drift ist perfekt – direkt auf dem Nasenrücken entlang – aber es tut sich nichts mehr. Auch keine Dorsche und die müssten doch unter dem Schwarm stehen. Bei soviel Leben unter dem Boot werde ich ungeduldig und fange an zu werfen. Durchsacken lassen und dann langsam einleiern.
Ein paar Würfe später ist der Köderdruck plötzlich weg. Na, da schiebt doch einer an… Ein Butt ist das nicht, Dorsch auch nicht. Aber klein ist der auch nicht. Nach ein paar Fluchten kommt ein toller Pollack noch oben, mit 98 cm schon ein ziemlich Guter.
Wo einer ist, da sind noch mehr. Und sie sind perfekt für das leichte Geschirr.

Also haben wir am nächsten Tag die Hardys eingepackt und schön ein paar Stunden geballert. 30er Gummiwürmer am 70 g Kopf kriegen diese leichten Ruten eben gerade noch hin.


Die Pollacks sind davon sehr angetan und wir begeistert. Immer wieder hängen 2 oder 3 Fische gleichzeitig am Geschirr und sorgen für mächtig Action an Bord.
Aber wir sind ja eigentlich wegen der Heilbutts hier und so versuchen wir es unter dem Schwarm nochmals auf die Platten. Aber nichts rührt sich – kein Zupf, kein Beiß. Konsequentes Heilbutt-Angeln kann eine sehr eintönige Sache sein – wenn nichts beißt.
2 Tage später bekommt dann Tanser auch noch seine Chance. Gleich beim Runterlassen kriegt er einen kräftigen Biss. Schnarrend gibt die Rolle die Schnur frei und nach ein paar Minuten kann sich Tanser über seinen PB-Butt freuen. Mit 120 cm sicher kein Riese, aber allemal ein toller Fisch.

Auf der Suche nach den Butts und probieren wir es am nächsten Tag Offshore. Ein riesiges Plateau zieht sich in den Fjord und soll laut Seekarte Heilbutt-Revier sein. Etwas kabbelig ist es da draußen ja noch und so bleiben wir zunächst dicht unter Land. Aber dort lauern nur kleine Dorsche.
Gegen Mittag wird die See etwas ruhiger und wir wagen uns weiter raus in Richtung der Untiefen. Dort ist das Echolot auch wieder voller Fischanzeigen. Die Dorsche beißen gut auf den ruhig geführten Heilbuttköder und hier draußen sind sie auch eine Nummer größer. Doch keiner der Bisse lässt einen Butt vermuten. – Also wieder Werfen.
Bei 20 m Wassertiefe kann man auch mal etwas schneller kurbeln, in der Hoffnung einen Köhler zu überlisten. Der lässt nicht lange auf sich warten und der Widerstand ist beachtlich. Aber dem schweren Butt-Tackle hat er nicht viel entgegenzusetzen und so kann ich bald den Kiemengriff ansetzen. Mit 106 cm ein toller Seelachs. Das Zurücksetzen nimmt er dankbar an. Leider briest es wieder auf und wir sehen zu, dass wir in den Windschatten der Inseln kommen. Über Nacht legt sich aber der Wind und die See liegt vor uns wie ein Ententeich im Sonnenschein. Also nochmal raus auf den Fjord. Am letzten Tag wollen wir uns nochmal so richtig ausangeln.
Das klappt da draußen Bestens. Wir fangen Köhler und Dorsche bis über einen Meter.


 Gegen Mittag steigt dann bei mir noch ein richtiger Fisch ein. Die dumpfen Kopfschläge lassen zunächst auf einen kleineren Butt hoffen, aber als der Fisch dann unter dem Boot zu kreisen anfängt, vermuten wir doch eher einen Seelachs.
Holla, die Waldfee. Das nenne ich einen Köhler. Der Kiemengriff klappt einwandfrei und ich kann eine richtige Köhlerkalosche über die Bordwand wuchten. Wir schätzen ihn auf weit über 10 kg und etwa 115 cm. Das Maßband haben wir leider vergessen und eine Wägearie wollen wir dem Fisch nicht zumuten. Also wird er nach ein paar Fotos schnell wieder releast.



Zum Abschluss wollen wir es nochmal konsequent auf die Platten versuchen und tatsächlich hat Rainer auf der allerletzten Drift noch einen Biss. Eindeutig Heilbutt! – Der kaut auf dem Gummifisch herum, die Leine streckt sich, aber es ist zum Anschlagen immer noch zu früh. So driften wir langsam von dem Fisch weg und als dann kein Bott mehr in der Leine ist wagt Rainer den Anhieb, der natürlich ins Leere geht.  – Vielleicht hätte man… oder man hätte…Hätte, hätte, Fahrradkette – der Fisch ist weg und der Urlaub zu Ende. Wir müssen uns bis zum nächsten Jahr gedulden.
Alles in Allem kann man sagen, die Træna Arctic Fishing Lodge liegt in einem echten Ausnahmerevier. Auch wenn für uns in diesem Jahr die Heilbutts etwas hinter den hochgesteckten Erwartungen zurück standen, sind wir überzeugt, dass dort Buttland liegt. Das zeigen ja auch die Fänge, die die anderen Angler bislang dort gemacht haben.

Die Insel selbst ist sehr klein, was für Leute mit Bewegungsdrang problematisch werden könnte, wenn man wetterbedingt nicht zum Angeln rausfahren kann (nicht jeder hat so einen guten Draht zu Petrus…). Zur Not gibt es aber deutsches Fernsehen.
Ein kleiner Laden für den täglichen Bedarf liegt nur wenige Schritte entfernt. Die recht kurzen Öffnungszeiten variieren täglich (Di, Do und So geschlossen). Das Angebot ist übersichtlich, aber ausreichend. Montags können die Regale schon mal etwas leerer sein da dienstags üblicherweise die neue Warekommt.
Benzin kann man bei der Hausbetreuung (Merethe) auf Anfrage bekommen. Für die kleineren Boote gibt es das 25 L Kanisterweise, das große Boot müsste wohl zum Tanken gebracht werden. Die Preise dafür sind landesüblich.
Für Selbstfahrer wichtig: Die Autofähre fährt (zurzeit) samstags nicht und auch an den anderen Tagen muss sie für die Rücktour rechtzeitig bestellt werden (Selvær -> Festland).
Tight Lines
Peter